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Torsten Dietz


                                 1976 geboren 2005 Diplom in Business Administration and Management an der TU Dresden 2005–2008 Unternehmensberater bei Accenture 2008–2013 Director Operations und Key Account Director
                                 bei Liganova 2013–2016 Division Director Service bei Hella Gutmann Solutions 2017–2024 Director Client Solutions und Managing Director bei Liganova seit 2018 Managing Director bei Ligaproduction
                                 seit 2024 Co-CEO bei Liganova – eine Agenturgruppe, die für globale Premium-Marken arbeitet und auf Brand Spaces, Experiences sowie Retail-Kampagnen am Puls der Zeit spezialisiert ist.





























                                                                                                                                      Fotos: adidas Originals, Herzogenaurach









             Solebox und adidas Originals übernahmen kurzzeitig das Café Fringe in Le Marais, um die Eröffnung eines neuen Stores in Paris anzukündigen. • Solebox and adidas Originals briefly took over Café Fringe in Le Marais.


             von • by Torsten Dietz, Stuttgart
             P  op-up-Stores erleben aktuell eine regelrechte Renaissance: Immer mehr Marken  Limited Editions verstärken die Sogwirkung zusätzlich und generieren zudem hohe
                verlassen ihre traditionellen Flächen und präsentieren sich zeitlich und räumlich
                                                                          Umsätze – „Limitation is the New Luxury“ lautet daher das Motto. Es geht darum,
             begrenzt dort, wo sich ihre Zielgruppe aufhält. Dabei beruht der Reiz der kurzen Prä-  einem ausgewählten Publikum einzigartige Erfahrungen zu bieten, die in einem exklu-
             senz auf jahrhundertealten Mechanismen: Schon im Mittelalter zogen fahrende Händler   siven, privaten Rahmen stattfinden. So entsteht eine besondere Atmosphäre, die intime
             die Menschen an, und bis heute haben befristete Ereignisse, wie etwa die alljährlichen   und eindrucksvolle Momente schafft. Dabei ist der Verkauf in Pop-up-Stores allenfalls
             Weihnachtsmärkte, aber auch die in Amerika immer noch wichtigen „Farmers’ Mar-  Nebensache: Hier geht es nicht primär um Absatzzahlen, sondern um Engagement,
             kets“ eine hohe Anziehungskraft. Temporäre Formate wie Pop-ups oder Roadshows   Erlebnisse und Sinnesräume. Dass sich die zeitweiligen Flächen auch hervorragend
             befriedigen die Lust auf Neues und Überraschendes – eine gelungene Mischung aus   zum Testen von Produkten und Märkten eignen, ist ein willkommener Zusatznutzen.
             Abenteuer und Eskapismus. Gleichzeitig sind sie ein Magnet für die Community. Denn
             hier treffen sich Gleichgesinnte, und der zeitlich limitierte Raum wird zum Ort der  Dynamische Storytelling-Plattformen
             Kommunikation und des Austauschs. Gerade nach den Corona-Jahren und in einer als
             zunehmend bedrohlich empfundenen Welt ist dieser Faktor nicht zu unterschätzen:   Roadshow-Formate und temporäre Konzepte können jedoch nicht nur helfen, Pro-
             Menschen suchen gute Erlebnisse und gute Gefühle – Wellbeing, positive emotionale   dukte in den verschiedenen Märkten zu evaluieren und limitierte Editionen zu ver-
             Bindungen und Freude sind in unseren Zeiten enorm wertvoll.  kaufen. Sie ermöglichen es insbesondere, langfristige Markterschließungen mit harten
                                                                          Fakten zu untermauern, bevor nachhaltige Investitionen getätigt werden. Regionale
             Pop ups als Community-Magnet                                 Gegebenheiten und die Resonanz auf Produkte und Marken können dabei ebenso
                                                                          erprobt werden wie innen-/architektonische oder erlebbare Elemente der Markenprä-
             Marken, die all dies bieten können, erfüllen damit ein Grundbedürfnis. Wenn Gucci   senz, die anschließend in den permanenten Store einfließen können. Pop-ups eignen
             zur Feier seiner neuen Farbe Ancora einen „Gucci Ancora Pop-up Truck“ auf dem   sich zudem hervorragend, um die Geschichte und das Erbe einer Marke zu präsentie-
             New Yorker Broadway platziert und Kaffee und Blumen verschenkt oder Diptyque vor   ren, indem sie sich in ein „Ladenmuseum“ verwandeln, wie es kürzlich Cartier gezeigt
             dem Taikoo Li Qiantan Shopping-Center in Shanghai eine mediterrane Sommerparty   hat: Zwischen Mai und Juni eröffnete die Luxusuhren- und Schmuckmarke im aus-
             inszeniert; wenn adidas gemeinsam mit solebox während der Pariser Fashion Week  tralischen Sydney den Pop-up-Raum „Culture of Design“, in dem sie eine Auswahl
             das Café Fringe im Viertel Le Marais übernimmt oder Bottega Veneta eine grasgrüne   ihrer traditionellen Stücke ausstellte. Die zeitlich begrenzten Konzepte schaffen so eine
             Labyrinth-Installation in Seoul interaktiv erlebbar macht, dann erzeugt das Neugier   einzigartige und vor allem dynamische Plattform, um (Marken-)Geschichten auf unkon-
             und Aufmerksamkeit, sorgt für Resonanz in Presse und Social Media – und begeistert   ventionelle Weise neu zu erzählen und zu interpretieren. Dies erstreckt sich auch auf
             Menschen. Die Flüchtigkeit macht das besondere Angebot für die Zielgruppe attraktiv,   die angebotenen Produkte: Anstatt die Kundschaft mit einer umfassenden Produkt-

                                                                                                                           AIT 9.2024  •  111
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