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BAR HOTEL RESTAURANT


































               RESTAURANT PINK MAMA

               IN MOSKAU


               Entwurf • Design Crosby Studios, RU-Moskau/US-New York



               Der Russe Harry Nuriev gilt als einer der einflussreichsten Avant-
               gardisten des ehemaligen Sowjetblocks. 2014 gründete er die
               Crosby Studios direkt am Moskauer Architekturinstitut, an dem er
               selbst studierte. 2016 eröffnete er in Williamsburg ein weiteres Ar-
               chitekturbüro. Es heißt, er vergleiche seine Leidenschaft für Farbe
               gerne mit einer Beziehung: irgendwann sauer.



               von • by Friederike Bienstein
               S  eine Arbeit sei „eine Mischung aus Bauhaus, Art déco der 1980er-Jahre und skan-
                  dinavischer Mitte des Jahrhunderts, ein Stil, den die New York Times als ‚globaler
               Minimalismus" bezeichnet‘, schrieb The Guardian über Harry Nuriev. So soll der russi-
               sche Architekt und Innenarchitekt lange Zeit ein zartes Cadillac-Rosa bevorzugt haben,
               bevor er „auf halber Strecke zwischen Picasso und Yves Klein“ zu einem Blau wechselte.
               Letztes Jahr schuf er für die Eröffnungsfeier einer New Yorker Boutique eine Reihe von
               Möbeln in Ultraviolett und ist seitdem dem Rot auf der Spur. Das Farbkonzept im Re-
               staurant Pink Mama erinnert mit Rot, einem verblassten Pink, Industriegrün und dem
               großen Stern, der die Bar schmückt, durchaus an die stalinistische Ära. Die Analogie ist
               gewollt: Das Gebäude selbst stammt aus der Stalin-Ära und die Büroangestellten der
               Regierungsbehörden dieses Stadtteils sind Kinder von Eltern ebendieser. Das 166 Qua-
               dratmeter große Pink Mama ist in zwei Bereiche unterteilt, die an die Zonierung vor dem
               Umbau anknüpft. Eine markante Bar mit einer Theke und kleinen Tischen, die mit Kup-
               ferblech verkleidet sind und deren zartes Rosé mit sattroten Barhockern, Stühlen und
               Bänken vor einer ebensolchen Wand harmoniert, lädt ein zum Apéro in warmer Atmo-
               sphäre. Kühle Eleganz indes erwartet den Gast im eigentlichen Speiseraum, einer lufti-
               gen Restauranthalle mit hohen Fenstern. Runde, gepolsterte Essecken mit industriegrü-
               nem Samtbezug vor den Fenstern werden durch kleine Tische in Eichenfurnier mit samt-
               bezogenen Polsterstühlen in Rosé und Hellgrau ergänzt, die die Mitte des Raumes zo-
               nieren. Eine raumumlaufende, halbhohe Wandverkleidung aus bedruckten Glaselemen-
               ten, eingefasst mit feinen Kupferprofilen, bietet einen spannenden Farbverlauf von Dun-
               kelgrün (ganz oben) nach Transparent (ganz unten), der nach und nach den Blick auf
               die dahinterliegende, rohe Wandstruktur freigibt und den unteren Bereich der Wand
               durch die wiederkehrenden Profile in der Spiegelung des Glases in ein pudriges Rosé
               taucht. Vor den Fenstern lösen sich die Wandelemente zu verschiebbaren Paravents auf,
               die ein individuelles Spiel mit Tageslicht erlauben.


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