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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
KINDERHAUS IM PARK
IN EGG
Entwurf • Design bernardo bader architekten, AT-Bregenz
Die Räume unserer Kindheit sind unvergesslich in unsere Erinnerung
eingeschrieben. Hier, mitten in der größten Gemeinde des Bregenzer
Waldes, setzen bernardo bader architekten sechs „Häuschen“ fein-
sinnig aneinander. Entstanden ist ein dörfliches Universum mitten im
Dorf, ein zweites Zuhause für die Allerkleinsten und darüber hinaus
ein unübersehbares räumliches Zeichen für die Welt des Kindes.
von • by Daniela Keck, Stuttgart
M arkant reihen sich sechs Giebel entlang des Schmiedebachs – nur einer der Fluss-
läufe, die Egg durchziehen – und bilden eine klare räumliche Kante Richtung nörd-
lichem Ortsteil. Südlich vom Baukörper liegt der geschützte naturnahe Spielgarten, der
visuell eng mit den einzelnen Gruppenräumen verbunden ist. Die den Bach begleitende
Zufahrt dient der Erschließung der dahinter liegenden landwirtschaftlichen Grundstücke
und der Garage im Untergeschoss, auf dem das Kinderhaus in Holzmassivbauweise
sitzt. Nur ein paar Schritte vom Ortskern entfernt gelangt man über einen großzügigen
Vorplatz direkt über den Kopf mitten ins Herz des Hauses. Entlang der inneren „Dorfstra-
ße“ dann reihen sich – offen und zugleich Geborgenheit versprechend – die lichten und
großzügigen bis zu sechs Meter hohen Gruppen- und Kreativräume, einschließlich der
Nebenräume und dem mittig gelegenen „Marktplatz“, aneinander. Wie ein feingliedrige
langgestreckte Raupe schmiegt sich dieser in Teilen vorgefertigte eingeschossige Holzbau
in die Landschaft, bleibt dabei flexibel und passt sich den spezifischen Bedürfnissen der
Kinder an. Raum für Schutz und Ruhe wie Raum für Freiheit und das kleine Abenteuer
sind gleichermaßen gegeben. Die Welt der Dorfkleinsten verbindet sich mit der Dorfge-
meinschaft über die vorderen Räume, Bewegungs- und Speiseraum können von örtli-
chen Vereinen und Gruppen außerhalb der Öffnungszeiten genutzt werden. So kommen
ab und an auch die Großen in den Genuss dieser ganz besonders gastlichen, lichten und
warmen Atmosphäre. Homogen legt sich gleiches Material durch die Räume. Wände
und Decken sind mit Weißtannenholz bekleidet, für die Böden kamen Holzdielen oder
Lehm-Kasein-Böden zum Einsatz. Wie große neugierige Kinderaugen blicken die kreis-
runden Verglasungen aus den Gruppenräumen hinaus ins innere Dorfleben. Auch der
Blick hinein ins „Gruppenleben“ ist gewünscht und gewollt. Die Umsetzung der pädago-
gischen Konzeption in Raum scheint gelungen – hier ein Zitat: „Das Bienenhaus soll ein
Ort der Begegnungen sein, wo sich Menschen unabhängig ihrer Herkunft, des sozialen
Status und der Familienform willkommen und wohl fühlen.“ Das tun sie!
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