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Georg Bechter

                                 1977 geboren in Hittisau, Vorarlberg 1992 HTL Imst mit Lehrabschluss Tischler und technischer Zeichner 1998 Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK) 2001 TU Wien 2002 Bildhauerei bei Prof. Micha
                                 Ullman, ABK 2002 Diplomarbeit 2004–2005 Mitarbeit bei Silberpfeil-Architekten, Wien 2004–2008 künstlerischer Assistent, ABK 2007 freier Architekt, Gründung „atelier heimatstunden“, Stuttgart 2009–
                                 2010 Lehrauftrag, Hochschule Bremen, School of Architecture 2010 Gründung Georg Bechter Licht 2010–2012 Dozent, Universität Innsbruck, Institut für experimentelle Architektur 2011 Berufung in den Ge-
                                 staltungsbeirat Langenegg 2012 Gründung Georg Bechter Architektur + Design, Langenegg 2020 Umzug nach Hittisau und Zusammenführung von Georg Bechter Licht mit Georg Bechter Architektur + Design






























             Der Schauraum im OG inszeniert das hauseigene Licht in Perfektion. • The showroom showcases the perfect lighting.  Helle, fokussierte Arbeitsatmosphäre in der neuen Produktion • Bright, focused atmosphere in the production area.



             zu realisieren, kommt aus dem Nachbardorf. Die Aufbauten sind so entwickelt, dass   zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen leisten können. Was als schön empfun-
             sie einfach wieder zerlegt und kompostiert werden können. Anstelle von Plattenwerk-  den wird, wird auf lange Zeit gepflegt. Es wird zu einem Lieblingsstück, das repariert
             stoffen kamen sägeraue Massivholzschalungen zum Einsatz, die den Holzrahmenbau   wird und dessen Wert nicht zuletzt über die Geschichte, die es erzählt, über den rein
             nach innen und außen abschließen. Dazwischen liegt die Holzkonstruktion, die mit   materiellen Wert hinausgeht. Mit solchen Dingen möchte ich mich selbst, mein Team
             einem lichten Abstand von 50 Zentimetern auf das Format der Strohballen reagiert,   und meine KundInnen umgeben. Dieser Anspruch gilt für unsere Architektur und die
             mit denen die Außenwände und die oberste Geschossdecke ausgefacht wurden. Eine   Leuchten gleichermaßen wie für die Qualität der Arbeitsräume, die bereits im Bestand
             Dampfbremse aus geöltem Papier, eine sägeraue Verschalung aus Holz und ein fein   und nun auch im Erweiterungsbau umgesetzt wurde.
             gearbeitetes Flechtparkett aus Buchenholz – gewachsen nur wenige Kilometer entfernt
             im eigenen Wald – schließen den Raum nach innen ab. Außen wurde die Holzfassade   Kreislaufwirtschaft im Produktdesign und in der Architektur
             des Bestandes weitergeführt. Altes und Neues wurden zu einem zusammengehörigen
             Ganzen verbunden, und dennoch wird über die natürliche Patina des Materials die   Mein Unternehmen Georg Bechter Licht macht Leuchten reparaturfähig und recycelbar.
             Geschichte einer Erweiterung noch eine Zeit lang erkennbar bleiben. Bauen erfordert   Alles ist geschraubt, nicht geklebt. Verarbeitet werden nur hochwertige Materialien,
             immer einen hohen Einsatz an Energie und Ressourcen, auch wenn nachwachsende   die ihren Wert auch über die Jahre nicht verlieren. Nicht mehr gebrauchte Leuchten
             und regionale Baustoffe zum Einsatz kommen. Umso wichtiger ist es, dass das Gebaute   werden zurückgekauft, um ihnen ein zweites Leben zu schenken. Mit Reparaturfähig-
             langfristig Bestand hat. Die Nutzungsvariabilität und Erweiterbarkeit waren daher zen-  keit, Langlebigkeit und gutem Design möchte ich den ökologischen Fußabdruck auf ein
             trale Aspekte für die Gestaltung und Konstruktion der Erweiterung.  Minimum reduzieren – im Produktdesign und in der Architektur. Auch mein Büro Georg
                                                                          Bechter Architektur stellt sich immer wieder die Frage nach einem möglichst sparsa-
             12 Meter stützenfrei überspannt mit Massivholz und Beton     men, effizienten und zielgerichteten Einsatz der Materialien. Die Frage nach der Not-
                                                                          wendigkeit formte den Zubau daher gleichermaßen wie die Suche nach Synergien. So
             Während im Bestand die niedrigen Deckenhöhen des ehemaligen Stalls eine Heraus-  wurde die Fußbodenheizung im Erdgeschoss direkt in der Betonplatte verlegt. Auf einen
             forderung waren und die vorhandene Konstruktion viele Aspekte des Raumes definiert   weiteren Aufbau wurde verzichtet. Auch in der Geschossdecke sind Fußbodenheizung
             hat, bot die Erweiterung die Chance, großzügige Räume zu schaffen, die langfristig in   und Unterlagshölzer für den darüberliegenden Holzboden bereits im Aufbeton inte-
             ihrer Nutzung flexibel sind. Möglich wird dies über den Verbund von 20 Zentimetern   griert. Licht- und Elektrokanäle wurden in die Untersicht der Decke eingefräst, wodurch
             Massivholz und 12 Zentimetern Beton, welcher die Raumtiefe von 12 Metern stützenfrei   auch auf eine abgehängte Decke verzichtet werden kann. Eine schlanke, materialeffizi-
             überspannt und dadurch auf lange Sicht unterschiedliche Bespielungen der Räume   ente Deckenkonstruktion und großzügige Räume bei gleichzeitiger langfristiger Flexibi-
             ermöglicht. Um langfristig am Standort wirtschaften zu können, ist der Zubau so konzi-  lität sind das Ergebnis. Die Fassadenbretter und Pflastersteine, die im Zuge des Anbaus
             piert, dass ein Weiterbauen auch in Zukunft möglich ist. Sowohl in der Gestaltung der   rückgebaut wurden, wurden wiederverwendet. Ebenso der Messestand der Light &
             Außenräume und der Zufahrt zur Tiefgarage als auch auf konstruktiver Ebene wurde   Building. Die Massivholztafeln aus Buche – ebenfalls aus eigenem Wald – dienen nun
             die Realisierbarkeit einer zukünftigen Erweiterung berücksichtigt. Das Auflager einer   als Regalbretter im neuen Produktionsbereich. Regionale Wertschöpfung und der Weit-
             weiteren Decke ist in der Konstruktion der Außenwand bereits für einen späteren   blick auf ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Wirtschaften prägen unsere Arbeit und
             Zubau vorbereitet. Auf diese Art ist das Fundament für eine Weiterentwicklung gelegt,   können im neuen Schauraum besichtigt werden. Beides wird im Zubau ganz praktisch
             bei der auch in Zukunft achtsam mit Ressourcen und Energie umgegangen werden   begreifbar. Und selbst wenn die Zeit das lesbare Weiterstricken an der Fassade irgend-
             kann. Mein Arbeiten habe ich der Nachhaltigkeit und der Schönheit verschrieben. Ich   wann verwischen wird, so bleibt ein Gesamteindruck davon, dass Bestand die Chance
             bin überzeugt davon, dass gute Gestaltung und Schönheit einen wesentlichen Beitrag   bietet, belebt und weiterentwickelt zu werden.

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