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BÜRO UND VERWALTUNG  •  OFFICE BUILDINGS

































           BRAINHOUSE247

           IN LAATZEN


           Entwurf • Design Ippolito Fleitz Group GmbH, Stuttgart



           Vom Shared Desk im Gemeinschaftsbüro bis hin zu flexiblen Arbeits-
           welten bevorzugen längst nicht mehr nur Freelancer und Start-ups
           Coworking-Modelle: Unternehmen bilanzieren, dass sich die Produk-
           tivität ihrer Angestellten mit flexiblen New-Work-Strukturen deutlich
           steigern lässt. Mit der Umsetzung einer Work Life Synergy löste if
           group die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben endgültig auf.



           von • by Friederike Bienstein, Berlin
           U   m den Gedanken der Mobilität und des steten Wandels in der Bestandsimmobilie
               eines ehemaligen Bürogebäudes von Siemens aus den 1970er-Jahren auch räumlich
           erlebbar zu machen, entschied sich if group für die Sichtbarkeit des Umbruchs. Abtape-
           zierte und roh belassene Wände, offene Rasterdecken und sichtbare Leitungen demons-
           trieren das Prozesshafte, Unfertige: Die Fliesen an Wänden und Böden blieben erhalten
           und wurden nicht ergänzt, die alten Lüftungsschächte geöffnet, Lounges eingebaut und
           ein darüber liegender, 15 Meter hoher Raum neu erfahrbar gemacht. Ergänzt durch ange-
           nehme Raumakustik, die Integration einer üppigen Bepflanzung sowie die Verwendung
           nachhaltiger Materialien ging es darum, die menschlichen Bedürfnisse in den Mittel-
           punkt zu stellen und den vermeintlichen Dualismus zwischen Lebens- und Arbeitswelt
           aufzulösen. Auf jeder der fünf umgebauten Etagen sind erinnerungswürdige Orte mit
           unterschiedlichen Atmosphären entstanden, die Orientierung bieten und Identifikation
           ermöglichen. Eine grafische Ebene betont abermals die raue Direktheit des Gestaltungs-
           konzepts. Unmittelbar auf die Wand gesprühte großformatige Graffitis ziehen sich wie
           ein comicartiger Faden durch den Bau. Basierend auf der These, dass Arbeit nicht nur
           am Schreibtisch stattfindet, sondern als Dreiklang aus Gesundheit, lebenslangem Lernen
           und Begegnung zu verstehen ist, entwickelte das Büro auf rund 15.000 Quadratmetern ein
           außergewöhnlich breites Spektrum an hybrider Vielfalt. Neben Maker Space, Filmstudios,
           einer Gaming Area, Ruheräumen und einem Event Campus verschmelzen Hospitality-Be-
           reiche auf jeder Etage Arbeit und Privatleben. Vom Breakfast Club über ein Café mit
           Außenbereich bis hin zum Fine-Dining-Restaurant dienen auch diese Orte dem Cowor-
           king. Wer auf Bewegung setzt, kann Walk’n’Talk-Bereiche nutzen, an der Sprossenwand
           trainieren oder das ebenso zum Raumprogramm gehörende Fitnessstudio und das Spa
           nutzen. Mit Vorkehrungen für regelmäßige Gesundheitschecks wird Arbeit an diesem
           vielfältigen Ort in einen selbstverständlichen Prozess eingebettet. Ausgesprochen schade,
           dass die überraschende Insolvenz des Investors das fast fertiggestellte Projekt traf.

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