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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION
            VER KAUF   UND  PRÄSEN T A T ION  •  R E T AIL   AND  PR ESEN T A T ION
































            FRISEURSALON

            IN OSAKA



            Entwurf • Design Schemata Architects, JP-Tokio


            Waschen, Schneiden, Tanzen: Auch Friseursalons können Hybride
            sein, was die zurückhaltende Neugestaltung dieser Filiale des japa-
            nischen Haarpflege-Labels LIM zeigt. Die drei Buchstaben der 1987
            in Osaka gegründeten Marke stehen für „Less is More“ – Schemata
            Architects folgten dem bekannten Topos der funktionalistischen
            Moderne und generierten mehr Fläche mit wenigen Mitteln.



            von • by Kira Sophie Kawohl
            S   eit 1998 machen Schemata Architects mit effizienten und minimalistischen Be-
                standssanierungen von sich reden. Der Durchbruch kam 2008 mit der Renovie-
            rung von 30 Wohneinheiten in Sayama: Ein radikal kosteneffizienter Eingriff, bei dem
            das Team rund um den Bürogründer, Architekten und Designer Jo Nagasaka auf alles
            verzichtete, was nicht zwingend notwendig war. Entwurfsentscheidungen wurden
            ohne Designprozess direkt am Objekt ausgeführt und abgenommen, alle Räume auf
            das absolute Minimum zurückgebaut, Wände nicht neu verkleidet, Böden nicht neu
            verlegt – denn dafür fehlten dem später mit einem Bauhaus Award prämierten Low-
            Budget-Projekt die Mittel. Das hier bereits angedeutete Prinzip der Ablehnung von Kon-
            struktion zugunsten von Dekonstruktion und die weitgehende Zurückhaltung eines per-
            sönlichen Stils zugunsten radikaler Wirtschaftlichkeit sind heute Markenzeichen des
            international agierenden Architekturbüros Schemata. Eben diese machen auch das
            neueste Projekt im lebendigen Osakaer Einkaufsviertel Shinsaibashi zeigenswert: Hier
            sollte die seit den 1990er-Jahren im ersten Stock eines unscheinbaren Büroturms be-
            stehende Filiale saniert und in zwei voneinander unabhängige Bereiche unterteilt wer-
            den. Teilen verbindet – und so ließen die verantwortlichen Architektinnen und Archi-
            tekten alle bestehenden Zwischenwände entfernen sowie Stützen und Deckenkon-
            struktionen offen stehen. Dank eines maßangefertigten Systems aus schienengeführten
            Spiegeln kann nun der vordere Raumabschnitt des Salons LIM variabel gegliedert oder
            gleich ganz zur freien Multifunktionsfläche umgestaltet werden – und die ist schon kurz
            nach der Eröffnung zu einem beliebten Stadtteiltreffpunkt für Flohmärkte und Partys
            geworden. Im hinteren Raumabschnitt, wo der preiswertere Friseur Loji untergebracht
            ist, dienen industriell gefertigte, lackierte Stahlregale und transparente PVC-Vorhänge
            als Raumteiler. Die unichrome Möblierung im rauen Bestand mit kühlen Sichtbeton-
            und Metalloberflächen ergibt ein lässiges Gesamtbild, das zum Ethos der Kette (Less is
            More) eben so gut passt wie zum programmatischen Rationalismus von Schemata.

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