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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS THEORIE • THEORY
Anliegen sprechen zu können. Solche Räume bieten nicht nur den nötigen Schutz der Privatsphäre,
sondern fördern auch das Vertrauen zwischen den BürgerInnen und den BeamtInnen, was zu einer
effektiveren und empathischeren Unterstützung führt.
Einbezug der Nutzenden: BürgerInnen und Mitarbeitende gestalten mit
Ein Kernelement des Projekts ist der Einbezug der Bürgerschaft und der Mitarbeitenden selbst. Durch
ihre Rückmeldungen entstehen wertvolle Erkenntnisse über die Praxistauglichkeit des Pilotprojekts.
Jeder Raum und jede Funktionalität wird daraufhin getestet, wie gut sie den Alltag der Beteiligten
unterstützen. Zu Beginn jedes Turnus werden die Mitarbeitenden in die Nutzung und die Möglich-
keiten der Fläche eingeführt und im Prozess der Testphase durch ernannte Teamheads begleitet. Am
Ende jeder Runde finden zur Validierung der Elemente Feedback-Workshops mit ArchitektInnen und
PlanerInnen statt, sodass sichergestellt wird, dass die entwickelten Konzepte sowohl praktisch als
auch benutzerfreundlich sind und langfristig angenommen werden. Dieser iterative Prozess schafft
eine kontinuierliche Verbesserung, die am Ende zu einem Raumkonzept führt, das sich in der Praxis
bewährt. Das in der Stabskaserne entwickelte „Raumbuch“ wird die Grundlage für zukünftige Ver-
Der Empfangstresen im Beratungscafé • The Reception desk in the counselling café waltungsneubauten – nicht nur für Freising – bilden können und dient als Modell für ein flexibles,
nutzerzentriertes und ressourcenschonendes Verwaltungskonzept.
Innovationsfläche mit Beratungsbereich • Innovation area for counselling situations
Modellcharakter und nachhaltige Verwertung der Pilotfläche
Neben den inhaltlichen Entwicklungen war es ebenfalls wichtig, bewusst und nachhaltig mit einer
Fläche umzugehen, deren Lebenszeit auf lediglich fünf Jahre begrenzt ist. So wurden die Räume der
unter Denkmalschutz stehenden Stabskaserne als eine Art Hülle betrachtet, in welcher sowohl Leuch-
ten, Deckensegel, Einbau als auch Mobiliar wiederverwendet werden können. Bewusst entwickelte
Strukturen und technische Details bilden einen Raum-in-Raum-Charakter und eine zweite Installa-
tionsebene, die es ermöglicht hat, den Bestand kaum zu berühren. Farben zeigen hier Nutzungszo-
nen an: Transluzente Textilen in den Freisinger Wappenfarben markieren Bereiche für Mitarbeitende
(Blau) und BürgerInnen (Rot). Ein modulares Mäandersystem aus Holz, gebeizt in einer Palette von
Hauttönen, dominiert im Weiteren die Gestaltung der Pilotfläche. Der Mäander ist dabei so konzipiert,
dass seine modularen Bestandteile in Form von Hockern, Tischen und Stauraum nach Projektab-
schluss weiterverwendet werden können – sei es in Schulen, Kindergärten oder anderen öffentlichen
Einrichtungen der Region. Die Pilotfläche und sein partizipativer Gedanke leben so weiter. Damit zeigt
das Projekt bereits in seiner Testphase einen nachhaltig orientierten Ansatz, der auch die baulichen
Anforderungen der denkmalgeschützten Gebäudes respektiert.
Ein Exempel für zukünftige Neubauten
Die Erfahrungen aus der Pilotfläche „Bürgeramt der Zukunft“ in Freising werden die Planungen für
zukünftige Projekte entscheidend prägen. Ein Modell für eine Verwaltung, die nicht nur digitaler, son-
dern auch menschenzentrierter ist, wird so Gestalt annehmen. Durch das Zusammenspiel von Sicher-
Fokussiertes Arbeiten in abgetrennten Nischen • Focused work in separate niches heit, Transparenz, Inklusivität und fortschrittlicher Technik wird eine Verwaltungswelt geschaffen, die
sowohl Mitarbeitenden als auch BürgerInnen dient und als Vorbild für weitere Landratsämter dienen
kann. Ein großer Dank geht daher an das Landratsamt Freising und seinen Mut zur Veränderung. Ob
nach Abschluss der auf bis zu fünf Jahre anberaumten Testphase ein Neubau oder nur eine Erweite-
rung des Bestandes folgen wird, ist nach aktuellem Stand noch offen. Zur Zeit ist die erste Abteilung
auf die Fläche gezogen, und der damit auch erste Feedback-Workshop steht noch aus, sicher ist aber
schon jetzt, so Sabrina Tafelmeier: „Das Pilotprojekt zeigt auf, wie Zukunft neu gestaltet werden kann.
Partizipativ können soziale Prozesse neu entworfen werden. Wir als InnenarchitektInnen verfügen
über das Potenzial diesen Prozessen Raum zu geben um sich zu entfalten.“
W ith the “New Work” pilot project in Freising, the Landratsamt (district administration office)
has launched a model initiative that explores innovative approaches in public administration.
Originally, Henn Architekten were commissioned to design a replacement building that would bring
together all departments. However, discussions quickly revealed that the concept of a “citizens’ office of
the future” was still unclear for the client. Given the evolving world and growing digital needs of citizens,
an opportunity arose to rethink fundamental processes. The result is a flexible, 500-square-metre pilot
space in Freising’s historical Stabskaserne to test workplace and consultation concepts for everyday
functionality: a flexible environment offering staff and citizens an initial glimpse of a forward-thinking
citizens’ office, serving as both a structural and conceptual blueprint for future administrative spaces.
A collaboration between the Landratsamt’s construction department, Henn Architekten and INpuls as
the planning and executing interior design firm brought forth a project that aims to foster courage and
relevance in public administration work. The goal is to offer individually designed spaces that allow
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