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Petra Lasar
1956 in Herne geboren 1985 Erstes Staatsexamen Lehramt seit 1987 selbst-
ständige PR-Beraterin und Journalistin mit den Schwer punkten Archi tek -
tur kommunikation, Licht und Healthcare, Agentur schwarz auf weiß
In den Besprechungs- und Arbeitsräumen setzten die Lichtplaner auf indirekte und dynamische Lichtgestaltung. • In the meeting- and work rooms, the lighting planners decided in favour of indirect and dynamic light design.
gegliedert. Diese Art der Ausführung einer zweifachen Gebäudehülle hat eine natür- ckensegel montiert, deren Wirksamkeit durch weitere raumakustische Interventio-
liche Belüftung sowie ein ganzjährig hohes Wärmeschutzniveau zur Folge. Große nen erweitert wird. Durch die vielfach geöffnete Fassade kommt reichlich Tageslicht
Glasflächen schaffen überdies in allen Räumen Transparenz und einen hervorragen- in die Büroräume. In Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Leuchtenhersteller ent-
den Tageslichteintrag. wickelten die Lichtplaner von Studio DL eine spezielle, in die Büromöbel integrierte
Schreibtischleuchte. Diese verbirgt ihre direkte Lichtquelle technisch anspruchsvoll
Von der Fläche zur Linie und beleuchtet den Arbeitsplatz ausschließlich durch Indirektlicht. Die Leuchte ist
so programmiert, dass sie über den Arbeitstag hinweg, angepasst an den menschli-
Die am Außenbau sichtbaren Metallpaneele der inneren Fassadenebene prägen das chen Biorhythmus und somit an das Wohlbefinden der Mitarbeiter, für einen dyna-
architektonische Bild des Gebäudes maßgeblich mit. Hierauf nahmen die Lichtdesig- mischen Verlauf sorgt. Mit warmen 2.700 Kelvin am Morgen über kühle 5.000 Kelvin
ner Bezug, indem sie die Flächen im gesamten Objekt inszenierten: Mittels nicht am Mittag und wiederum 2.700 Kelvin gegen Abend orientiert sich die Farbtempera-
sichtbarer Lichtlinien wurden die Paneele einseitig mit Streulicht illuminiert. Nach tur am natürlichen Tageslicht. Die automatische Dimmung des Indirektlichts erfolgt
oben hin nimmt die Lichtintensität ab, was den scheinbar selbst leuchtenden Me- im Zusammenspiel mit den jeweils aktuellen Tageslichteinträgen. So werden die Ar-
tallscheiben Dynamik verleiht und die architektonische Geste unterstreicht. Während beitsplatzflächen stets normgerecht mit 500 Lux beleuchtet. Wenn nötig, kann ein
die Dimmung des Lichts tageszeitabhängig erfolgt, schalten sich die Leuchten in der direkter Lichtanteil individuell zugeschaltet werden. Ein Monitoring hat gezeigt, dass
Nacht vollkommen aus. Im Gebäudeinneren wird die am Außenbau inszenierte Geo- davon in den seltensten Fällen Gebrauch gemacht wird. Während der normalen Ar-
metrie der Fläche als Lichtlinie fortgeführt, die als Orientierungs- und Gliederungs- beitszeiten ist die ausgewogene Indirektbeleuchtung ausreichend und findet unter
element dient. Das buchstäbliche Herzstück des Gebäudes und Begegnungszone ist den Mitarbeitern zudem starke Akzeptanz.
das von einem Glasdach mit Stahltragwerk überspannte Atrium. Von hier aus wer-
den die vier Geschosse über kaskadenhaft abgehängte Treppen und Verbindungs- Behagliche und wirtschaftliche Lichtatmosphäre
stege erschlossen. Durch illuminierte architektonische Flächen und die gleichzeitige
Vermeidung von Lichtpunkten scheint das Atrium aus sich heraus zu strahlen. Für Damit sich keine Lichtinseln bilden und im gesamten Büroraum eine konstant be-
die Unteransichten der Verbindungsstege wurden individuelle, konstruktiv aufwen- hagliche Lichtatmosphäre herrscht, sind die einzelnen Schreibtischleuchten mitein-
dige Lichtdecken angefertigt. Die Integration einer Trittschalldämmung und Notbe- ander vernetzt: Beim manuellen Aktivieren des Indirektlichts einer einzelnen Arbeits-
leuchtung stellte bei der geringen Einbauhöhe von knapp 15 Zentimetern eine Her- platzleuchte schaltet sich die benachbarte automatisch stark gedimmt hinzu. Dank
ausforderung dar. Auch bei der Beleuchtung der dreieckigen, raumakustisch wirksa- dem gedimmten Zustand bleibt die Umgebungsbeleuchtung wirtschaftlich im Rah-
men Stahltragwerk-Ausfachungen, die das einfallende Tageslicht filtern und streuen, men. Punktuelle Lichtakzente gibt es übrigens nur im Betriebsrestaurant, wo der Ein-
wurden sichtbare Lichtpunkte vermieden. Die Ausfachungen sind mit besonders satz deckenintegrierter Spots und groß dimensionierter Pendelleuchten die Erho-
schmalen V-förmig zulaufenden Lichtlinien versehen, die das Deckengebilde am lungszone im Unterschied zur Leistungszone kennzeichnen soll. Aus vielerlei Grün-
Abend aufhellen, auf das Himmelslicht verweisen und die Höhe des Luftraums in- den kann sich das Projekt insgesamt sehen lassen: Aufgrund der frühzeitigen und
szenieren. Analog zu den in den Vorjahren fertiggestellten Büro- und Verwaltungsflä- engen Zusammenarbeit zwischen Architekten und Lichtplanern ist im neuen Forum
chen des Komplexes wurden auch im neuen Forum tageslichtdurchflutete, offene der Sartorius AG die konsequente Umsetzung eines architekturintegrierten Beleuch-
Räume mit Team-Arbeitsplätzen geplant. Die großzügige Bürostruktur wird durch tungskonzepts gelungen. Die Architektur erfährt dabei keinerlei Ablenkung durch
Kommunikationsräume, einige wenige Einzelbüros, Thinktanks, Druckerstationen, sichtbare Leuchten oder Lichtpunkte. Vielmehr wird sie durch gezieltes Lichtdesign
Teeküchen und akustisch abgeschirmte Sitzmöbel gegliedert. Zugunsten einer ruhi- in Szene gesetzt. Die dadurch entstandene Atmosphäre in den Begegnungszonen und
gen, geräuschgedämpften Arbeitsatmosphäre sind oberhalb der Arbeitsplätze De- an den Arbeitsplätzen wird von den Mitarbeitern sehr geschätzt.
AIT 12.2020 • 111

