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Schwimmerin am Beckenrand
                                                                        von • by Jürgen Wittdorf

                                                                        Sammlung Wittdorf/Studio Galerie, Berlin
                                                                        Galerie Sammlung Amann, Stuttgart



                                                                        Die in zahlreichen Grafiken Jürgen Wittdorfs abgebildeten trainierten, vor

                                                                        Gesundheit strotzenden Körper junger Menschen üben heute noch eine

                                                                        enorme Faszination aus. Um das grafische Werk des 1932 in Karlsruhe

                                                                        geborenen und 2018 in Berlin verstorbenen Grafikers zu verstehen, ist es

                                                                        allerdings wichtig, es im zeitlichen und politischen Kontext zu betrachten

                                                                        und einzuordnen. Wittdorf war nach seinem Studium an der Leipziger

                                                                        Hochschule für Grafik und Buchkunst stark eingebunden in das politische

                                                                        System der DDR, er war SED-Mitglied sowie Mitglied des Verbandes


                                                                        bildender Künstler der DDR. Wie in der DDR üblich, konnte er dadurch
                                                                        von offiziellen Aufträgen durch die Staatsorgane leben. Schön zu sehen


                                                                        ist das am Zyklus Jugend und Sport von 1964, der als Auftragsarbeit für

                                                                        die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig geschaffen

                                                                        wurde. Im Alter von erst 32 Jahren gelang ihm damit ein Meisterwerk.

                                                                        Die  fünf  Bilder  sind  in  großen  Formaten  als  Holz-  und  Linolschnitt

                                                                        entstanden. Die künstlerische wie auch die handwerkliche Umsetzung

                                                                        ist eine Meisterleistung. Zudem ist die politische Dimension interessant:

                                                                        Leistungssport wurde in der DDR propagandistisch instrumentalisiert.

                                                                        Für die Kulturfunktionäre waren die Sportler von Jürgen Wittdorf ein

                                                                        Sinnbild für die Überlegenheit des Sozialismus. Man spricht hier auch

                                                                        von einem Sozialistischen Realismus. Wittdorf hat es dennoch geschafft,

                                                                        in die Arbeiten eine große Portion seiner eigenen inneren Befindlichkeit

                                                                        als schwuler Mann hineinzubringen. Homosexualität war in der DDR

                                                                        nicht verboten, aber man war auch weit davon entfernt, diese im Alltag
                                                                      Sammlung Wittdorf/Studio Galerie, Berlin / Galerie Sammlung Amann, Stuttgart  Botschaft zur Situation queerer Künstler in der DDR in jener Zeit. Erst
                                                                        zu leben und zu akzeptieren. Somit steckt in den Arbeiten auch eine




                                                                        heute ist dies im Werk Wittdorfs offensichtlich. Wittdorf ist somit nicht

                                                                        nur ein prominenter Vertreter des künstlerischen Erbes der DDR, sondern

                                                                        auch einer der Pioniere der queeren Kunst im ehemaligen Ostblock.


                                                                        Die Grafik „Schwimmerin am Beckenrand“ stammt aus dem Zyklus Jugend und Sport von 1964
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