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GESUNDHEIT UND WELLNESS • HEALTH AND SPA
NEUROPORT REHABILITATION
IN POSEN
Entwurf • Design Zawieja Studio, PL-Posen
Im Hinblick auf den demografischen Wandel gewinnt die Gestaltung
von alters- und demenzsensiblen Räumen immer mehr an Bedeutung.
Die augenzwinkernde Devise von Zawieja Studio für dieses Projekt
lautete: „Rehabilitate Senior Spaces!“ Wer das Ergebnis zu Gesicht
bekommt, stellt sich unmittelbar folgende Frage: Handelt es sich um
ein Wellness Resort oder doch um eine medizinischen Einrichtung?
von • by Yannice Keller, Stuttgart
N ach einer neurologischen Erkrankung stellen Bewegungseinschränkungen sowie
verminderte Sinneswahrnehmungen oft große Herausforderungen in der Bewälti-
gung des täglichen Lebens dar. Die Betroffenen profitieren in einer solchen Ausnahme-
situation besonders von einer Umgebung, die visuell und räumlich gut erfassbar ist und
dadurch ein hohes Maß an Sicherheit vermittelt. Das Rehabilitationszentrum Neuroport
entstand daher mit der Zielsetzung, den Bewohnenden ein Maximum an Unabhängig-
keit und Selbstständigkeit zu ermöglichen. Auf etwa 3500 Quadratmetern finden in dem
zweigeschossigen Gebäude 48 Zimmer Platz, die jeweils bis zu drei Personen beherber-
gen können. Zudem sind ansprechende Aufenthaltsräume entstanden, die als räumliche
und soziale Ankerpunkte dienen – darunter ein üppig begrünter Wintergarten mit Luft-
raum, der Sichtbezüge nach außen ermöglicht. Denn mittlerweile ist bekannt, dass Ver-
bindungen zur Umwelt die Erinnerungsfähigkeit von an Demenz erkrankten Menschen
anregen. In der Innenraumgestaltung wird mithilfe der Farbgebung sowie der eigens
entworfenen Tapete Bezug auf die Lage des Zentrums an einem Seeufer genommen.
Akzente in Orange und Aquablau werden als Ergänzung zu den in erdige Töne getauch-
ten Räumlichkeiten eingesetzt. Die wohltuende Atmosphäre lebt darüber hinaus vom
sensiblen Umgang mit Licht: Entlang der Flure filtern Lochbleche das von oben einfallen-
de Tageslicht. Die einzelnen Räume sind mit transluzenten Vorhängen ausgestattet, um
die Lichtsituation jederzeit möglichst angenehm zu gestalten. Bei der Entwicklung des
prägnanten Leitsystems setzte das junge polnische Designstudio auf eine kontrastreiche
Gestaltung. Neben den Wandflächen wurden Bodenbeläge, Türen- und Treppenelemen-
te mit einbezogen. Diese verweisen nun auf den jeweilen Standort und vereinfachen so
die Orientierung innerhalb des Gebäudekomplexes. Sämtliche Möbeleinbauten sowie
die Ausstattungsgegenstände spielen subtil auf die Ästhetik der 1960er- und 1970er-Jahre
an. Denn jüngste Erkenntnisse zeigen: Auch Bezüge zur früheren Umgebung der Erkrank-
ten unterstützen deren Wohlbefinden und fördern dadurch die Genesung.
096 • AIT 11.2023