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Merete Mattern


                1930 geboren in Berlin ab 1946 Besuch des Landschulheims Marquartstein bis zum Abitur, danach Tischlerlehre in Stuttgart, Praktikum in  Stockholm
                1961 Architekturdiplom bei Hans Scharoun, TU Berlin 1966 Teil nahme am städtebaulichen Wettbewerb Ratingen-West 1967 Ausstellung Beitrag über
                Stadterweiterung Bratislava 1968 Gastprofessur in Charlottesville 1969 Grand Prix in Cannes für Solar City 2007 gestorben in Rimsting














                Abbildung: Architekturmuseum der TU Berlin










                Wettbewerb Ratingen-West, Ansichtszeichnung 1966 • Ratingen-West competition, elevation drawing, 1966


                von • by Oliver Elser
                I  n den 1960er und 1970er-Jahren war Merete Mattern mit  siedelte  Merete  Mattern  mit  ihrem  Vater  und  der
                                                         Stiefmutter nach Garn point am Chiemsee, wo dieser als
                  ihren Entwürfen immer wieder in deutschen und inter-
                nationalen Fachzeitschriften präsent. Auch in einige  Rückzugsort sowie  zur Selbstversorgung in Kriegs- und
                Bücher zu den Architekturtendenzen der Gegenwart wur-  Krisen zeiten einen Bauernhof erworben hatte. Zunächst
                den ihre visionär-fantastischen Planun gen ganzer Städte  wurde sie von Beate Mattern zu Hause unterrichtet. Ab
                aufgenommen. Ob es dabei um die Erweiterung von Bra -  1946 besuchte sie ein Landschulheim in Marquartstein,
                tis lava für 100.000 Einwohner oder gar um die Erfindung  um das Abitur abzulegen. Eine Tischlerlehre in Stuttgart
                von „Fliegenden Städten“ ging: Für viele galt die im Jahr  schloss sich an, gefolgt von einem Prak ti kum bei Ivar Teng -
                1930 geborene Merete Mattern als Hoffnungsträgerin in  bom in Stockholm sowie Studienabschnitten in Kas sel
                einer als krisenhaft empfundenen Gegenwart. Die Ent -  und Berlin, die immer wieder von praktischer Arbeit im
                wicklung riesiger  Wohngebiete stand seinerzeit auf der  Büro ihrer Eltern unterbrochen wurden. 1961 erhielt sie bei
                Tages  ordnung  von Architekten und Stadtplanern ganz  Hans Scharoun an der Technischen Universität Berlin das
                oben, aber nur wenige ver moch ten es, diese Aufgabe so  Diplom. Ihr Diplomentwurf einer Konzerthalle ist als gro-
                frei, künstlerisch und untechnokratisch anzugehen wie Me -  ßes Modell bis heute erhalten. Nach  Aus kunft  ihres
                re te Mattern.  Zu diesem  Zeitpunkt,  zwischen 1966 und  Sohnes Fabian  Zimmermann bezog sie sich  Zeit ihres
                1970, entwickelte sich ihr publiziertes und auf Aus stel lun -  Lebens immer wieder auf diesen Entwurf, der für sie eine
                gen präsentiertes Werk wesentlich schneller als ihre tat-  Keimzelle zu einem „Musikdom“ gewesen zu sein scheint,
                sächlich realisierten Projekte. Solche konnte sie jedoch  eine Art Gesamtkunstwerk des Musikerlebens. Fünf Jahre
                bereits seit den späten 1950er-Jahren vorweisen. Damals  später nahm Merete Mattern in einer Arbeitsgemeinschaft
                hatte sie ihr Studium der Architektur zwar noch nicht abge-  mit ihrer Mutter und einigen jungen Architekten an einem
                schlossen, arbeitete aber bereits gemeinsam mit ihren  städtebaulichen  Wettbewerb  zur Erweiterung der Stadt
                Eltern Herta Hammerbacher und Hermann Mattern, beide  Ratingen teil. Es sollte ihr erster und größter Publika tions -
                erfolgreiche Landschaftsarchitekten, an mehreren Projek -  erfolg werden. Auf die zahlreichen Veröffentlichungen des
                ten wie etwa an einer Sied lung, bestehend aus mehreren  Ratingen-Entwurfs sowie daran anschließender Arbeiten
                Wohnhäusern, in Göttingen. Herta Hammer bacher und  folgte der nächste Karrie reschritt, eine Gast professur in
                Her mann Mattern waren zwar seit 1935 geschieden, arbei-  den Vereinigten Staaten, die sie im Jahr 1968 an der Uni -
                teten aber weiterhin zusammen und nahmen nun auch  ver sity of Virginia in Charlottesville antrat. Dort erkrankte
                die gemeinsame Tochter in ihre Projekt partner schaft auf.  Merete  Mattern  jedoch  so  schwerwiegend  an  einer
                                                         Lebens mittelvergiftung, dass ihr Leben eine andere Wen -
                Diplom: Konzerthalle bei Hans Scharoun   dung nahm. Nach der Rückkehr in Deutschland begann
                                                         sie, sich mit ökologischen und esoterischen Fragen zu be -
                Merete Mattern wurde in Berlin geboren. Nach der Schei -  schäftigen. Es folgten Lehraufträge, Studien für ökologi-
                dung lebte sie bei ihrem Vater und dessen zweiter Ehefrau  sche Bauten und die Beteili gung an der Gründung der
                Beate. Ihre Mutter hingegen zog zeitweilig mit der Foto -  Partei „Die Grünen“. Doch zurück ins Jahr 1966. Insbe son -
                grafin Elsbeth Heddenhausen und deren Schwester in ein  dere die Fachzeitschrift Bauwelt spielte für die publizisti-
                Haus, das der Archi tekt Walter Kratz für die Bedürfnisse  sche Begleitung des Ratingen-Wettbewerbs eine wichtige
                der drei alleinstehenden Frauen geplant hatte. 1941 über-  Rolle, die im Folgenden näher untersucht  werden soll,
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