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André Schmidt
1996–1997 Vordiplom in Architektur, Universität Karlsruhe 1997–1998 Erasmus-Stipendium, Ecole Nationale Supérieure d´Architecture, Paris 2000 Diplom in Architektur, Universität Karlsruhe
2000–2001 Architekt bei OMA, Hong Kong 2001–2002 Architekt bei LIN, Berlin 2003–2009 Architekt bei OMA, Rotterdam und Peking 2010–2013 Projektdirektor bei BIG, Kopenhagen 2014
Gründung Matter – Büro für Architektur und Städtebau, Berlin 2014–2017 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, TU Braunschweig seit 2014 freier Architekt und Stadtplaner, Berlin
Grafik: André Schmidt – Büro Matter, Berlin
Tischaufkleber: „Auf steht´s – Get up, Stand up!“ • Table sticker: "Auf steht´s — Get up, Stand up!"
akustischen Anforderungen statt, was wiederum dazu führt, dass Zellen büros weiterhin
gefragt bleiben oder ihnen nachgetrauert wird. Geeignete Akustik elemente an der
Decke, der Wand oder an Möbeln können erheblich zur Stress re duktion und Kon zen -
trationssteigerung im Büro beitragen. Neben dem Einsatz von akustisch aktiven Flächen
zur Schaffung von Konzentrationsinseln, tragen vor allen Dingen auch Pflanzen und die
Luftbefeuchtung zu einer Raumklimaverbesserung bei. Gerade im Winter sinkt die
Luftfeuchtigkeit schnell unter das empfohlene Maß und sollte, wann immer mö glich, er -
höht werden – nicht zuletzt um Mitarbeiter resistenter ge gen die üblichen mit dem Win -
ter einhergehenden Krankheiten zu machen. Je nach Aus stattung des Büros beeinflusst
die Möblierung – also Stuhl und Tisch, Bildschirm, Tastatur, Maus und Be leuch tung –
somit in erheblichem Maß die Gesundheit der Mitar beiter. Die Möbel her steller haben
dies erkannt – unterstützt durch die sich durch setzende Erkenntnis, dass das Sitzen als
das neue Rauchen angesehen wird. Damit wird das Stehen während der Arbeit an
einem entsprechend höhenverstellbaren Tisch immer beliebter und ist ein Anzeichen
für ein gesteigertes Bewusstsein in Bezug auf schwerwiegende Folgen falscher oder ein-
seitiger Sitzpositionen. Trotzdem zeigt sich in Untersuchungen, dass Sitzen und Stehen
Fotos: Andreas Körner/ bildhübsche fotografie, Stuttgart zum Drucker, zum Kollegen oder in die Kü che geschehen so öfter und spontaner. Man
in ihrer Eintönigkeit ähnlich belastend sind – allerdings mit einem großen Unterschied:
Stehen an sich verleitet wesentlich häufiger zu einem Stellungswechsel. Kleine Gänge
setzt sich eben leichter einmal hin, als dass man aufsteht. Eine Möglichkeit, aus vielen
Bürotypologien die beste Typologie herauszudestillieren, ist die Wahl des Zonenbüros.
Das Duffy-Diagramm zeigte schon 1976 das Spektrum der ty pischen Büroorganisationen
in Abhängigkeit von Kommunikations- und Konzen tra tionsbedarf.
Semiprivate Bereiche für Brainstormings • Semi-private areas for brainstorming sessions Das Zonenbüro bietet flexible Ansätze und Individualität
Somit gibt es eben nicht die den IT-Firmen nachempfundene Spiel wiesen lösung, mit
deren Hilfe sich vermeintlich alle Probleme auf einen Schlag lösen lassen. Vielmehr
geht es um ein gutes Verständnis über den eigenen Bedarf sowie die gezielte Anpassung
Im Büro umgeben uns viele potenzielle Krankheitsursachen: Zu Rücken- und Nacken - und Erweiterung des Raumangebots durch passende Zonen. Das Zonen büro ist daher
schmerzen, „Mausarm“, schlechter Luft und Akustik gesellen sich gerne zusätzliche ein flexibler Ansatz und je nach Bürotypologie individuell umsetzbar. Innerhalb der
Konflikte mit Kollegen, Belastungen durch ungenügende Büroorganisation oder unklare Gestaltung der Sonderschau setzten wir eine solche Idealform des zeitgemäßen Büros
Verantwortlichkeiten sowie Über- oder Unterforderungen. Daraus resultiert körperlicher um: Ein Ring aus kleinen, voneinander abgetrennten privaten Be rei chen, in denen man
und psychischer Stress, der, wenn er negativ empfunden wird und nicht abgebaut wer- ungestört arbeiten und sich konzentrieren kann, umgibt einen zentralen, offenen
den kann, zu einem bedeutenden Krankheitsrisiko wird. Um gezielt auf die Ursachen Gemeinschaftsraum. Dieser ist wiederum in einem hohen Maße kommunikativ, er -
eingehen und ihnen entgegenwirken zu können, ist es sinn voll, sie nach ihren möglicht spontane Meetings, schafft Raum für bürointerne Vorträge und zelebriert Inter -
Eigenschaften zu gruppieren. So lassen sich die verursachenden Fak toren in „harte“ aktion und Flexibilität. Beide Bereiche – der äußere Bereich aus privaten Zellen und ein
und „weiche“ unterscheiden. Zu den harten Faktoren gehören der Büro raum selbst, zentraler, gemeinschaftlicher „Platz“ – stehen darüber hinaus mit einan der in
seine Möblierung im engeren und weiteren Sinne, sowie das Ernährungs angebot für die Sichtbezug. Selbst ein konzentrierter Mitarbeiter kann so mit einem Blick feststel len, ob
Mitarbeiter. Sehr wichtig ist dabei ebenfalls die Raumakustik, die oft in der Pla nung in der Büro agora aktuell etwas Wichtiges geschieht. Er bleibt neben seiner selbst
unterschätzt wird und bei schlechter Umsetzung oder Nichtbeachtung die meisten gewählten „Iso lation“ zugleich ein Teil des gesamten Bürogeschehens. Wie eingangs
Menschen stark belasten kann. Die kommunikativen Vorteile eines Groß raum büros erwähnt, gibt es neben den harten und weichen auch mentale Faktoren, die das
zeigen sich dann von ihrer Schattenseite. Der Wechsel von Einzel- und Klein gruppen - Wohlbefinden im Büro beeinflussen. Das Gesunde Büro beginnt also schon im Kopf.
büroräumen zu Großraumbüros findet oft unter Vernachlässigung der ge stie genen, Viel kann durch die persönliche Einstellung zu der eigenen Arbeit, zu seinen Kol legen
AIT 10.2018 • 175