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BAR HOTEL RESTAURANT

































           OLYMPIC HOTELERWEITERUNG

           IN SAN GIOVANNI DI FASSA


           Entwurf • Design NOA, IT-Bozen



           Unmittelbar und pur und doch mit einem gewissen Hauch von Luxus
           wird der Gast in der neuen Hotelerweiterung des Olympic Spa Hotels
           im Fassatal empfangen. Wie umgehen mit dem räumlichen Druck,
           den der Tourismus und die 2026 anstehenden Olympischen Spiele
           auf die einzigartige Landschaft der Dolomiten ausübt? NOA antwortet
           behutsam und mit großem Respekt vor diesem spezifischen Ort.



           von • by Daniela Keck, Stuttgart
           N   icht höher und weiter – tiefer und demütiger präsentieren sich die neuen Zimmer
               des Olympic Spa Hotels. In Teilen sogar eingegraben und unterirdisch mit dem
           Bestandsgebäude aus den 1960er-Jahren verbunden, formt das neue Bauvolumen mit
           seiner gezackten Dachsilhouette symbolhaft die unverwechselbare Gebirgsstruktur der
           Dolomiten nach. Ganzheitlich in die Zukunft gedacht gibt NOA dem Ensemble eine
           neue Orientierung. Bisher lag der Fokus auf der Provinzstraße in Richtung Ortskern von
           San Giovanni di Fassa. Nun geben die einzelnen „Hütten“, unter gemeinsamem Dach,
           den Blick frei in das östlich gelegene Waldgebiet und graben sich in den abfallenden
           Hang hinein. Die Hotelierfamilie fühlt sich der Kulturlandschaft eng verbunden. Ladini-
           en umfasst mehrere geografische Gebiete, unter anderem das Gadertal und eben das
           Fassatal. Wesentlich für diese Kultur ist das Verbundenheitsgefühl der Menschen mit
           ihrer Landschaft. Prägend ist auch das Ladinisch, eine rätoromanische Sprache, die
           abgewandelt ebenso in Teilen Graubündens zu finden ist. So tragen die Zimmer sinn-
           fällig die Namen „Te Aga“, dem Element Wasser gewidmet, und „Te Bosch“, eine Hom-
           mage an den Wald. In den „Waldzimmern“ befindet sich ein kleines, aber wirkungsvol-
           les Atrium, dreiseitig verglast und mit einer Birke bepflanzt. Die Te Aga-Zimmer haben
           jeweils einen aus Naturstein handgefertigten Brunnen, aus dem reines Bergwasser aus
           einer Quelle aus 3500 Metern Höhe sprudelt. Das hölzerne „Saunahaus“ spielt sich
           frei, aufgeständert wie ein Vogelnest, schenkt es Wärme und Geborgenheit. Das räum-
           liche Konzept bewegt sich auf einem feinen Grat zwischen Luxus und Askese. Wie viel
           braucht der Mensch, um sich zu erholen und seine Bedürfnisse zu spüren? Wieviel
           Tourismus vertragen die Alpen noch? Die Sehnsucht nach Ruhe und individuellen Rei-
           seerlebnissen ist groß. Dem allgegenwärtigen Konflikt zwischen Klimaschonung und
           dem Bedarf an Wohnraum für die heimische Bevölkerung und gleichzeitig dem für
           potenzielle Gäste versuchen NOA eine angemessene Antwort zu geben – auf eine Frage,
           die eigentlich nicht zu beantworten ist. Dies ist ihnen hoch anzurechnen.

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