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Entwurf • Design Dreimeta, Augsburg
                                                                           Bauherr • Client FMI Forum an der Museumsinsel, Berlin
                                                                           Standort • Location Monbijoustraße 11, Berlin
                                                                                                                                       Foto: Eckart Matthaeus
                                                                           Nutzfläche • Floor space 5.239 m 2
                                                                           Fotos • Photos Steve Herud, Berlin
                                                                           Mehr Infos auf Seite • More infos on page 142
























































             Wo immer möglich wurde das Tonnengewölbe freigelegt •Wherever possible, the barrel vault was exposed.  Eyecatcher: ehemalige 400 Kilometer lange Rohrpostanlage •The former 400-km-long pneumatic-tube system


             von • by Armin Fischer, Dreimeta, Augsburg
             F  ür die Anfang des 20. Jahrhunderts schnell wachsende Hauptstadt des Deutschen  zugemauert und das Gebäude mit einem Tarnanstrich versehen. Im Keller wurde eine
                                                                           verbunkerte Notvermittlungsstelle eingerichtet, um bei Ausfall der Räume darüber trotz-
                Reiches benötigte die Oberpostdirektion Berlin der Reichspost ein zentrales Gebäude
             für die moderne und gerade im Entstehen begriffene Fernsprechtechnik. So entstand ab  dem noch arbeiten zu können. Das Gebäude wurde im Krieg zweimal von Bomben ge-
             1910 nach einem Entwurf von Postbaurat Wilhelm Walther und Architekt Max Lehmann  troffen, die jedoch keine irreparablen Schäden verursachten. Auch die kurz vor Kriegs-
             für 3,1 Millionen Mark ein viergeschossiger Komplex mit vier Gebäudeflügeln im Stil des  ende durch den Volkssturm geplante Sprengung des Gebäudes konnte verhindert werden.
             Neobarock. 1916 als aufwendigster und teuerster Postbau Deutschlands eröffnet, diente
             er bis 1992 als Zentrale der Telegrafeneinrichtungen in Berlin. 1919 wurde im Kellerge- Unbeschwerte eklektizistische Mischung von Dreimeta
             schoss und im Parterrebereich die Stadtrohrpostzentrale in Betrieb genommen, in ihrer
             Blütezeit eine Gesamtlänge von fast 400 Kilometern aufwies. Der imposante Gebäude-  Seit 2001 ist der monumentale Gebäudekomplex im Besitz eines Investors. Das Ensemble
             komplex  wurde mit modernster Telegrafentechnik versehen und diente in den ersten  wurde als Teil des Projekts Forum Museumsinsel saniert und für Büros, Läden und Ga-
             Jahren auch als Entwicklungszentrum für den deutschen Funkverkehr. Erst 1918, nach Be-  stronomie um- und ausgebaut. Nun hat im Seitenflügel an der Monbijoustraße das Hotel
             endigung des Ersten Weltkriegs, begann das Telegrafenamt vollständig mit seiner Arbeit.  Telegraphenamt Einzug gehalten. Für die Einrichtung des Hotels hat Dreimeta bauzeitli-
             In je einem Geschoss des Ostflügels war die Telegrafentechnik untergebracht, nach ver-  che Gestaltungselemente des Kunsthandwerks aus dem beginnenden 20. Jahrhundert
             schiedenen Zielgebieten getrennt. In den hohen Sälen befanden sich die Ausrüstungen  neu interpretiertinterpretiert – eine unbeschwerte, eklektizistische Mischung einer Viel-
             für den Telegrafendienst sowie eine Telegrammannahme, eine öffentliche Fernsprech-  zahl verschiedener Elemente aus Art Déco, Bauhaus und Jugendstil. Die Einrichtung re-
             stelle, ein Rohrpostamt, Packräume des Paketpostamtes sowie das Zentrale Post- und  präsentiert somit, obwohl sie auf bestimmten gemeinsamen Prinzipien basiert, keinen
             Fernmeldeverkehrsamt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die hohen Fenster  klar definierten Stil im eigentlichen Sinne, sondern bezieht sich auf eine ganze Epoche,

                                                                                                                            AIT 6.2023  •  131
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