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BAR HOTEL RESTAURANT

































            RESTAURANT DÓTTIR & HOTEL

            CHÂTEAU ROYAL IN BERLIN



            Entwurf • Design Irina Kromayer, Berlin; David Chipperfield, Berlin


            In unmittelbarer Nähe zum Boulevard Unter den Linden und nur we-
            nige 100 Meter vom Brandenburger Tor entfernt eröffneten im Herbst
            ein Restaurant und ein Hotel, die sich schon wenige Monate nach
            ihrer Eröffnung  größter Beliebtheit in der Berliner Szene erfreuen.
            Die gelungene Kombination von Kunst, Architektur und Kulinarik
            sowie klangvolle, stadtbekannte Namen wirken äußerst zielführend.



            von • by Susanne Lieber, Zürich
            K   aum eröffnet, kann sich das Hotel Château Royal damit rühmen, sich in einem Ge-
                bäude eines frisch gebackenen Pritzker-Preisträgers zu befinden. Wobei sich das Ho-
            telensemble in erster Linie auf zwei denkmalgeschützte Gebäude aus den Jahren 1850
            und 1910 verteilt. Der dazugehörige Neubau und die Dachaufstockung stammen aber tat-
            sächlich aus der Feder David Chipperfields. Doch das, womit das Hotel vor allem von
            sich reden macht, sind ohnehin das Interieur von Irina Kromayer – in Zusammenarbeit
            mit Etienne Descloux und Katariina Minits – sowie die Werke von über 100 Künstlern.
            Die Objekte – vom Gemälde bis hin zur Lichtinstallation – verteilen sich über das ganze
            Hotel und sind nicht nur in den insgesamt 93 Zimmern und Suiten, sondern auch im Re-
            staurant Dóttir, in der Bar, in der Lobby, im Kaminzimmer sowie im Wintergarten auszu-
            machen. Das innenarchitektonische Konzept des Hotels nimmt Bezug auf zwei Epochen,
            die die Stadt Berlin in besonderem Maße prägten: die Gründerzeit und die 1920er-Jahre.
            Zum einen schlägt sich das in der handwerklich gefertigten Möblierung nieder, die eigens
            kreiert und produziert wurde. Auch bei den Sesseln, Sofas und Poufs handelt es sich
            nicht um Produkte von der Stange, sondern um Auftragsarbeiten in Mohairsamt, typisch
            für die 1920er-Jahre. Sogar die Deckenlampen sowie die Flur- und Fassadenbeleuchtung
            sind individuelle Kreationen, die stilistisch einen Bogen schlagen zur Vergangenheit. Ku-
            linarisch verwöhnen lassen können sich die Gäste im Restaurant Dóttir mit Schwerpunkt
            auf Casual Fine Dining, bei dem vegetarische Zutaten die Hauptrolle spielen. Die kulina-
            rische Direktorin Victoria Eliasdóttir (Schwester des Lichtkünstlers Olafur Eliasson) knüpft
            damit an frühere Erfolge an selber Stelle an: Schon 2015 hatte sie ihr gleichnamiges Pop-
            up-Restaurant eröffnet und wurde während der Umbauphase in der Szene schmerzlich
            vermisst. Jetzt verarbeitet Küchenchefin Elena Müller Gemüse aus der Region mit hohem
            Perfektionsgrad und viel Phantasie. Auch in den Restauranträumen herrscht Gründerzeit-
            Charme dank typischem Steinzeugboden, Marmor und Fischgrätparkett. Das Grill-Royal-
            Team Landwehr Estermann kann mit dem neuen Royal-Konzept mehr als zufrieden sein.

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