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BAR HOTEL RESTAURANT
K5 HOTEL
IN TOKIO
Entwurf • Design Claesson Koivisto Rune Architects, SE-Stockholm
Schwedischer Minimalismus trifft auf traditionelles, japanisches De-
sign – eine langjährige Freundschaft zum Tokioter Design-Unterneh-
mer Teruo Kurosaki war die Grundlage für das Architekturbüro Cla-
esson Koivisto Rune, die Büroräume einer ehemaligen Bank in ein
Hotel umzugestalten. Mittels zarter Stoffe entstand eine mehrdeu-
tige, vage Atmosphäre – analog zum japanischen Begriff „Aimai“.
von • by Patricia Buth
D er Stadtteil Kabutcho in Tokio war die Geburtsstätte der modernen Finanzindus-
trie Japans. Einst als Wall Street des Landes bezeichnet, begann das Viertel im
Jahr 2018 zu veröden. Infolgedessen wurde nach Wegen gesucht, den Standort für die
Gastronomie- und Retailbranche sowie aufstrebende Start-up-Unternehmen attraktiv
zu machen. Für den Umbau eines der ehemaligen Bankengebäude in unmittelbarer
Nähe zur Tokioter Börse wurde das schwedische Architekturbüro Claesson Koivisto
Rune beauftragt. Aus dem im Jahr 1923 erbauten Haus wurde in gerade einmal 14 Mo-
naten ein Hotel mit 20 Zimmern, einer Loft-Suite und öffentlichen Bereichen wie Res-
taurant, Lounge, Wein- und Bierbar. Statt strikten Vorgaben, wie die Gasträume ausse-
hen sollten, bekamen die Architekten als Briefing die Charakterisierung eines gut ge-
kleideten, anspruchsvollen Rentners, der zu jeder Zeit ein Lächeln auf seinen Lippen
trägt. Heraus kam letztlich ein Entwurf, der sich mit dem japanischen Begriff „Aimai“
– zu Deutsch: mehrdeutig oder vage – beschreiben lässt. Im Gegensatz zu anderen Kul-
turen ist es im Japanischen positiv konnotiert und wird häufig im poetischen Sinne ver-
wendet. Es bezeichnet die Vorteile des Verwischens von Grenzen und basiert auf dem
Wunsch nach Harmonie. Die eigens von Claesson Koivisto Rune entworfene Möblie-
rung verzichtet daher auf strikte räumliche Unterteilung der Funktion. Zentrum der
Gästezimmer bildet jeweils ein Bett mit integriertem Regal und rückseitigem Schreib-
tisch. Sanft umhüllt werden die Schlafmöglichkeiten von einem indigofarbenen, trans-
luzenten Vorhang, der bis unter die hohen Decken reicht. Das restliche Mobiliar ist,
ebenso wie das Bett, ohne Wandbezug freistehend im Raum platziert – vage eben! Im
gesamten Hotel wurde bei der Materialität auf Beton und Zedernholz in Kombination
mit japanischem Stuck und weiteren natürlichen Materialien gesetzt. Ehemalige Cha-
rakteristika des Bankengebäudes konnten zum Teil wiederhergestellt werden, wie bei-
spielsweise das originale Parkett im Erdgeschoss, in dem sich die öffentlich zugängli-
chen Bereiche des Hotels wie ein Restaurant, eine Lounge, Wein- und Bierbar befinden.
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