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Entwurf • Design Berschneider + Berschneider Architekten, Pilsach
                                                                           Bauherr • Client Markt Lauterhofen
                                                                           Standort • Location Marktplatz 8, Lauterhofen
                                                                           Nutzfläche • Floor space 173 m  2
                                                                           Fotos • Photos Axel Öland, Pilsach
                                                                           Mehr Infos auf Seite • More info on page 134













































             Veranstaltungsraum im EG mit Guckloch ins Gewölbe • Function room with a peephole into the vaults   Nördlicher Eingangsbereich im Untergeschoss • Northern entrance area in the basement




             D   as kleine Baudenkmal mit gerade einmal 173 Quadratmeter Nutzfläche liegt vis-à-vis  adäquate Raumhöhe zu erreichen, ein verglaster Durchblick verweist auf die Nutzung im
                 der Pfarrkirche St. Michael und dem Rathaus der Oberpfälzer Marktgemeinde Lau-
                                                                           Untergeschoss. Der Gewölbekeller mit seinem Werkstattcharakter kann von der Nord-
             terhofen und ist nicht nur aufgrund seiner zentralen Lage ein Leuchtturmprojekt für wei-  seite her separat erschlossen werden und ist für Workshops, Mal- und Bastelkurse mit
             tere regionale Sanierungsobjekte. Mit der Instandsetzung und Umnutzung wurde eine  strapazierfähigen Fliesen und gesandetem Estrich ausgestattet. Zwischen Erdgeschoss
             städtebauliche Marke im historischen Ortskern und damit ein Stück Zeitgeschichte be-  und Obergeschoss wurde ein Teil der Decke entfernt, die Decke zum Dachgeschoss voll-
             wahrt. Das schlichte Nutzgebäude aus dem 16./17. Jahrhundert diente zeitweilig als Mäl-  ständig. So kann man heute vom Erdgeschoss bis in den imposanten, freigelegten Dach-
             zerei und wurde Ende vergangenen Jahres kernsaniert zum offenen Treff für kulturelles  stuhl blicken. Alle Einbauten, wie WC-Box, Treppen und Geländer sind aus Schwarzstahl
             Gemeindeleben. Berschneider + Berschneider Architekten + Innenarchitekten bewahrten  und geben sich dadurch als neue Zutaten zu erkennen. Erd- und Obergeschoss sowie die
             den Nutzbaucharakter durch rohe Materialität, legten möglichst viel Historisches offen,  eingehängte Galerie können für Seminare, Vorträge, Lesungen, Kabarett, Empfänge ge-
             befreiten Wände von modernen Putzen und legten Balken frei, um die Raumstrukturen  nutzt werden. Die neue Alte Mälze steht dadurch vielfältigen Nutzergruppen offen: Verei-
             weiterhin ablesbar zu belassen. Innen wie außen sind Wände nicht akkurat, Oberflächen  nen, Künstlern, Jugendgruppen, Privatpersonen, Firmen oder auch als Co-Working-Space.
             uneben oder gar gewölbt, Balken verlaufen eigenwillig zueinander. All dies wurde bewusst  Platz für kleine Runden bietet eine Lounge im ehemaligen Mälzereiturm. Etwa sechs Per-
              nicht versteckt, sondern durch sparsame Einbauten sogar noch betont. Einbauten wie die  sonen finden in diesem vom Hauptraum im Erdgeschoss abgetrennten ausgestatteten
              frei in den Raum gehängte WC-Box aus warmgewalztem Schwarzstahl, die Treppen aus  Séparée Platz. Hier wurden die historischen Handschlagziegel erhalten und werden
             Riffelblech oder die neue Galerieebene unter dem Dach wurden so ausgeführt, dass ein  durch neue Fliesen im selben Format ergänzt. Eine Besonderheit versteckt sich ganz oben
             späterer Rückbau und damit eine Umnutzung der Mälze einfach möglich ist.   im Turm: Im ehemaligen Mälzkamin – von außen durch eine neue Haube verdeckt –
                                                                           wurde ein öffenbares Oberlicht eingebaut, durch das Tageslicht bis ins Erdgeschoss fällt.
             Zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten in historischem Rahmen       Nicht sichtbar und dem Platzmangel geschuldet, wurde nach Absprache mit dem Schorn-
                                                                           steinfeger der Brenner der Gastherme in die Kuppel des Mälzereiturms integriert. Eine
             Zur Straße und zum Kirchenvorplatz hin gibt sich die Alte Mälze zurückhaltend einein-  Bauteiltemperierung hält im gesamten Gebäude die historischen Mauern trocken und
             halb geschossig, die bescheiden schmale Eingangstür wird durch eine gebogene Stahl-  sorgt gleichzeitig für behagliche Wärme. Die Kosten der Maßnahme lagen bei zirka 1,3
             platte brüstungshoch geschützt und betont zugleich. Dahinter erschließt sich im Erdge-  Millionen Euro, wobei die Modernisierung durch den Europäischen Fonds für regionale
             schoss der teilweise bis unter den Dachstuhl offene, für bis zu 36 Personen bestuhlbare  Entwicklung und die Bayerische Landesstiftung gefördert wurde. Sicherlich eine städte-
             Veranstaltungsraum. Hier wurde der Boden tiefer gelegt, um eine für zeitgemäße Nutzung  baulich, denkmalpflegerisch und gesellschaftspolitisch mehr als sinnvolle Investition.   ps

                                                                                                                            AIT 5.2021  •  111
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