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FORUM NACHRICHTEN •  NEWS



            DTM                                    51° 31’ 10’’ N, 7° 36’ 55’’ O (Dortmund)                           Adeline Seidel
                                                                                                                      Architekturstudium, Re-
                                                                                                                      searcher am Zukunftsinsti-
                                                                                                                      tut, Lehrtätigkeit an diversen
                                                                                                                      Hochschulen, Journalistin
                                                   Dortmund – Bochum (30 km)
                                                                                                                      für Architektur und Design
                                           Mit der Eisenbahn

                                           Im Ruhrgebiet gibt es seit März ein weite-  zeugt die Fassade durch feine Lebendig-  In the Ruhr area and since March, one
                                           res Highlight auf der Route der Industrie-  keit  – die  roten  Farbtöne  der  handge-  finds a further highlight on the route of in-
                                           kultur zu sehen. Das neue Empfangsge-  brannten Ziegel variieren leicht. Die In-  dustrial culture. The new reception buil-
                                           bäude für das Eisenbahnmuseum in Bo-  nenräume sind zurückhaltend gestaltet.  ding for the railway museum in Bochum
                                           chum-Dahlhausen wurde von Max Dudler  Grauer  Sichtbeton  und  grauer  Estrich,  Dahlhausen was completed by Max Dud-
                                           fertiggestellt.  Es  ist  ein  monolithischer  dazu Einbauten aus Eichenholz, die die  ler. It is a monolithic brick construction
                                           Backsteinbau,  dessen  markanter  Turm  raue Eleganz der Wände und Böden bre-  whose striking tower signals to the visitor:
                                           dem Besucher schon von weitem signali-  chen. Nur an einer Stelle erlebt das rein  The entrance is here. This feature is well
                                           siert: Hier ist der Eingang. Diese Geste ist  funktionale  Gebäude  einen  Bruch:  Ur-  chosen  for  the  extensive  museum  area
                                           bei dem weitläufigen Museumsareal gut  sprünglich war auf dem Turm eine Aus-  with over 120 historic rail vehicles and
                                           gewählt, denn auf dem Gelände des ehe-  sichtsplattform für Besucher geplant. Aus  other exhibits on the site of the former
                                           maligen  Güterbahnhofs  befinden  sich  Kostengründen ist diese leider nicht reali-  goods station. The elongated architecture
                                           mehr  als  120  historische  Schienenfahr-  siert worden. Was bleibt, ist der zum Him-  of the new building blends well into the
                                           zeuge und andere Exponate. Die lang ge-  mel offene Leerraum. Hoch und schmal ist  mixture  of  old  industrial  buildings  and
                                           streckte Architektur des neuen Empfangs-  er, mit Sitzbänken, die seine rohen Sicht-  tracks. The volume exudes the architecture
                                           gebäudes fügt sich harmonisch in die Ge-  betonwände  säumen.  Bereits  jetzt  sind  of old railway buildings. Originally, a vie-
                                           mengelage aus alten Industriegebäuden  diese von einer feinen Schicht Moos über-  wing platform for visitors had been plan-
                                           und  Gleisanlagen  ein.  Der  Baukörper  zogen, was – zumindest für Architekten  ned on the tower which was unfortunately
                                           atmet die Architektur alter Bahngebäude.  und  Betonliebhaber  – etwas  Romanti-  not realized. What remains is the open
            Fotos: Stefan Müller           Die Kubatur ist eine Reminiszenz an jene  sches hat. Es steht zu hoffen, dass irgend-  space towards the skies. High and narrow,
                                                                                                         with benches along its rough walls of ex-
                                           technischen Anlagen, die als Turmbauten
                                                                          wann der gesamte Turmraum von einer
                                           oft  Gleisanlagen  säumten.  Dabei  über-
                                                                                                         posed concrete.
                                                                          dicken Schicht Moos überzogen sein wird.

            VIE                                    48° 6’ 39’’ N, 16° 34’ 15’’ O (Wien)                               Cordula Rau
                                                                                                                      Architektin, Gründerin des
                                                                                                                      Netzwerkes „Die Walver-
                                                                                                                      wandtschaften“, arbeitet
                                                                                                                      als Architektin und Publizi-
                                                                                                                      stin in München und Paris

                                           In Bewegung

                                           Ein Besuch des Museums für Angewandte  dern auch über dem Betrachter. Inspiriert  A visit to the Museum of Applied Arts in
                                           n Wien ist immer sehr zu empfehlen. Be-  wurde ich von Tetris, einem der ersten  Vienna is always very recommended. The
                                           sonders gelohnt hat sich die Ausstellung  Computerspiele. Die Ausstellung sollte die  "Show  Off"  exhibition  was  particularly
                                           „Show Off“ mit einer Zeitreise quer durch  Fläche  in  Besitz  nehmen.  Mir  ging  es  worthwhile with a journey through time
                                           die österreichische Modeszene von 1980  darum, die Atmosphäre damals in Wien  across the Austrian fashion scene from
                                           bis  heute.  Die  Ausstellungsarchitektur  auszudrücken. Man traf sich in den Clubs  1980 till today. The exhibition was desi-
                                           stammt vom Wiener Architekten Gregor  und war in permanenter Bewegung. Die-  gned by the Viennese architect Gregor Ei-
                                           Eichinger. Das Herzstück bildet eine 6,50  ses  Gefühl wollte  ich  räumlich  festhal-  chinger. The heart is a 6.5 metres high,
                                           Meter hohe, offen wirkende Struktur aus  ten.“ Die Schau setzt beim Spätwerk von  open-looking metal structure. It stands in
                                           Metall. Wie eine überdimensionale Skulp-  Rudi Gernreich an. Er gilt unter anderem  the centre of the room like an oversized
                                           tur steht sie mitten im Raum. Begehbar  als Erfinder  der Unisex-Mode. In einem  sculpture. It is accessible on several levels
                                           auf mehreren Ebenen sind dort an die  Blick zurück erklären „Talking Heads“ in  for experiencing the 250 fashion objects.
                                           250 Modeobjekte zu erleben. Die transpa-  riesigen Videoprojektionen das damalige  The transparent architecture allows views
                                           rente Architektur lässt Einblicke von allen  Modegefühl. „Man muss sich dabei um-  from all sides. Sixty Austrian designers
                                           Seiten zu. Sechzig österreichische Desi-  drehen“, erklärt Eichinger. Danach kommt  are gathered. Large prints by fashion pho-
                                           gner geben ihr Stelldichein. Rundherum  die Schule, durch die alle gegangen sind:  tographers are arranged all around the
                                           sind großflächige Prints von Modefotogra-  die Angewandte. „Man geht hindurch wie  exhibition. The show starts with the late
                                           fen  angeordnet.  Gregor  Eichinger  be-  bei einer Autowäsche“, so der Architekt.  work by Rudi Gernreich who is also con-
                                           schreibt das Konzept so: „Ich wollte, dass  Abschließend offenbart sich das Ergebnis  sidered to be the inventor of unisex fa-
            Fotos: Cordula Rau             die Architektur diagonal in den Raum hin-  in spektakulärer Weise. Bei dieser gelun-  shion. As an immense video projections,

                                           einwächst. Das dreidimensionale Erlebnis
                                                                                                         “talking heads” explain the fashion fee-
                                                                          genen Ausstellung gibt es immer wieder
                                           findet nicht nur auf Augenhöhe statt, son-
                                                                          Neues zu entdecken.
                                                                                                         ling of the time.
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