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TONANGEBEND
BEI AKUSTIK
r FRANKFURT AM MAIN
UND ÄSTHETIK
Böhm 100: Der Beton-Dom von Neviges. Das Deutsche Architekturmuseum in
Frankfurt am Main widmet Gottfried Böhm eine Ausstellung zu seinem 100. Ge-
burtstag – und konzentriert sich auf ein einziges Gebäude aus seinem Œuvre:
die berühmte Wallfahrtskirche in Neviges. Wer glaubt, schon alles über das Ge- Mit über 90 Akustikstoffen in 2000 Farben
bäude zu wissen – schließlich ist das ikonische Bauwerk umfangreich rezipiert profitieren Sie von der weltweit grössten
worden – der wird von der Ausstellung im DAM überrascht sein. Nicht nur von und vielfältigsten Akustikkollektion für textile
den Ausstellungsexponaten selbst, sondern auch von der Machart der Präsenta-
tion. Die Wallfahrtskirche ist ganz sicher eines der herausragendsten Projekte Schallabsorption und Dezibelreduktion.
Gottfried Böhms. Der beeindruckende Bau beherbergt einen einmaligen Sakral-
raum. Eine hohe, dunkle Höhle, deren Beton je nach Tageszeit von den Wand-
fenstern in unterschiedlich farbiges Licht getaucht wird. So leuchtet er mal rot,
mal blau, je nachdem, wie er durch die Fenster angestrahlt wird. Bei aller Be-
geisterung über diese expressive Betonskulptur werden viele andere Elemente,
die Gottfried Böhm mit hoher Material- und Farbsensibilität entwickelt hat,
schnell übersehen. So konnte der Kirchenraum beliebig verändert werden: Das
Mobiliar war mobil. Der Beton-Dom hatte im Inneren den Charakter eines öf-
fentlichen Platzes. Genau auf diese, weniger vordergründigen Elemente, geht die
Ausstellung ein. So empfängt das DAM den Ausstellungsbesucher mit einer
leuchtend blauen Wand, auf der grüne Blätter zu sehen sind. Diese Wand ist si-
cher nicht das Erste, was man mit der Wallfahrtskirche verbindet. Doch sie be-
gleitet den Besucher der Kirche entlang des Pilgerweges. „Der knapp sechs
Meter hohe Vortragsraum des Architekturmuseums wurde mit schwarz-weißen
Fototapeten verkleidet. Böhm trifft auf Ungers!“, erklärt Oliver Elser, der gemein-
sam mit Miriam Klemser die Ausstellung kuratierte. Verantwortlich für diese Col-
lagen sind die Grafiker Rahlwes.Pietz. Sie haben eine Technik entwickelt, bei
der sie historische Fotos überlagern, sodass man tatsächlich einen Eindruck
vom Innenraum der Kirche bekommt. Im Zusammenspiel mit Gottfried Böhms
fantastischen Zeichnungen, zahlreichen Plänen und den großformatigen Foto-
grafien an den Wänden haben es die Ausstellungsmacher geschafft, einen gehö-
rigen Funken jener Atmosphäre, die den Sakralbau beherrscht, in die Unger’
schen Räumlichkeiten zu transplantieren. Adeline Seidel
DAM Deutsches Architekturmuseum
Schaumainkai 43, 60596 Frankfurt am Main
www.dam-online.de
Foto: Moritz Bernoully www.creationbaumann.com/akustik