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Theodor Fischer. Architektur der Stuttgarter Jahre
Es lässt sich nicht leugnen, aus den Meistererzählungen der Architekturgeschichte ist einige Schlüssel werke, die man einer Nationalromantik und dem Heimat schutz zugerech-
Theo dor Fischer (1862–1937) schon länger abgemeldet. Dabei gab es mehrere Anläufe, net hat, die aber mehr bieten, als es solche Etiketten erkennen lassen; „Reform archi tek -
diesem neben Peter Behrens ebenso bedeutenden „Vater der Moderne“ und ersten Vor - tur“ wird der Sache eher gerecht. In Hajdus Farbaufnahmen sehen wir die heimelige Ar -
sitzenden des Deutschen Werkbundes seinen Platz in der Geschichte zu geben, aber das bei terkolonie Gmindersdorf, damals die erste ernst zu nehmende Reali sation des da mals
hat an der Vernachlässigung Fischers wenig geändert. Was in den inzwischen angelsäch- revolutionären Leitbilds „Garden City“ im Lande; wir bekommen Schu len und Kir chen
sisch dominierten Heldenkanon nicht hineinpasst, der auf die wie Evangelisten verehrten (über die ein Essay von Reinhard Lambert Auer eingefügt ist) gezeigt, darunter die Gar -
Meister Le Corbusier, Gropius, Mies van der Rohe fokus- nisonskirche in Ulm, mit überraschendem In nen raum in
siert ist; was nicht im Narrativ des Bau hauses, dessen schwingenden Linien und einer innen und außen unver-
100. Geburtstag im nächsten Jahr groß begangen werden hüllten Betonskelett-Konstruktion. Was aber kann uns
wird, eine tragende Rolle hat – das stößt bei der Kara - der Mann heute, ein Jahrhundert später, be deuten? Diet -
wane auf Gleichgültigkeit. Jetzt aber gibt es ein en ga - rich Heißenbüttel nennt die 2014 verabschiedete Kölner
giertes Plä doyer für Fischer, für das Dietrich Heißen büttel Erklärung „10 Grundsätze zur Stadt baukunst von heute“,
und die Fotografin Rose Hajdu verantwortlich zeichnen. die „gebaute Ensembles statt individualistischer Event -
Sie zeigen im Bild und mit erhellenden, von Heißen - architektur“ fordert, und stellt fest: „Wie dies zu errei-
büttel verfassten Kommen taren eine zentrale Pha se sei- chen sei, hat Fischer gezeigt.“ Hören wir auch mal auf Le
nes Wer kes, die Fischer zwischen 1901 und 1908 als Corbusier: Der reiste als junger Mann 1907 auf der Suche
Professor an der TH Stutt gart verbrachte. Alle Bau ten nach den neuen Tendenzen in Kunstgewerbe und Archi -
wurden aktuell neu fotografiert. Hajdus Vor gehensweise tektur nach Berlin, ins Rhein land und nach Mün chen. Er
ist dokumentarisch und mit einem besonderen Sinn für befand, Fischer gehöre zu den „größten Künst lern
Details verbunden, was ihre schon in früheren Bänden Deutsch lands“ und erwog, bei ihm im Büro zu arbeiten.
bewiesene Stär ke ist. Durch ihr Objektiv wird der Blick 1932 schrieb er ihm anerkennende Worte: „Ich gehöre
auf Einzelheiten gelenkt, die die außerordentliche Sorg - nicht zu denen, die das Glück hatten, Ihre Vorlesungen
falt spüren lassen, mit der dieser Architekt seine Bauten zu hören. (...) Ich suchte in Deutschland ge sunden und
entwarf und realisierte. Während der Stutt garter Jahre konstruktiven architektonischen Stoff. Ihr Werk war für
hinterließ Fischer vorwiegend im deutschen Südwesten mich eine Lehre.“ Wolfgang Voigt
Theodor Fischer. Architektur der Stuttgarter Jahre Von Rose Hajdu (Fotos) und Dietrich Heißenbüttel (Text). Er schienen 2017 im Verlag Ernst Wasmuth, Tübingen/Berlin. Deutsch. 208 Seiten. Hardcover. Format: 24,3 x 27,7 cm. 45,00 EUR. ISBN 978-3-80300-795-7
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