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Johanna Luise Uhland
1985 geboren in Darmstadt 1996 Abitur an der Europaschule Lichtenbergschule in Darmstadt 2007–2010 Berufsausbildung zur Schreinerin in den Deutschen Werkstätten Hellerau Dresden, Abschluss: Tischlergesellin
2011 Bundesgestaltungswettbewerb „Die Gute Form 2011“, Gesellenstück, 3. Platz, Sonderpreis Beschlag / Landeswettbewerb Sachsen „Die Gute Form-Tischler gestalten ihr Gesellenstück“, 1. Platz 2010–2015 Studium der
Innenarchitektur an der Hochschule Darmstadt, Abschluss: Bachelor seit 2015 Praktikum im Architekturbüro groenlandbasel in Basel
staltungsraum, eine Leselounge und ein Shop integriert werden. Im Vordergrund der
Planung stehen selbstverständlich die neuen Bewohner des Gebietes und die
Schaffung einer guten Lebensqualität. Dazu gehören beispielsweise eine gute Anbin-
dung an die Mannheimer Innenstadt, nahe gelegene Einkaufsmöglichkeiten, ein
facettenreiches Sportangebot und die Möglichkeit zur Kommunikation untereinander.
Entscheidend ist auch, dass es Angebote für die unterschiedlichen Bedürfnisse von
Menschen verschiedener Alters gruppen gibt. Die Stadt plant die Etablierung eines
bunt gemischten, neu belebten Wohnquartiers mit zahlreichen Neubauten aber eben
auch umgenutzten Bestands bauten wie der ehemaligen Panzerhalle.
Begegnungsräume schaffen, Spontanität zulassen
Einer der wichtigsten Aspekte bei der Konzeption war für mich, einen Ort zu schaffen,
an dem ein ungezwungener Austausch zwischen den neuen Nachbarn ganz von
alleine entstehen kann. Dieser soll das Herz des Quartiers werden und Bewohner wie
Besucher in einladender Atmosphäre unbefangen zusammenbringen. Schon während
der intensiven Auseinandersetzung mit dem Bestand und dessen Umfeld ist mir klar Die transluzente Fassade der neuen Module sorgt ... • The translucent façades of the new modules guarantee …
geworden, dass ich diesen so wenig wie nötig antasten möchte. Die Halle, die aus
... für Interaktion zwischen Innen- und Außenraum. • ... interaction between the inside and the outside.
einem stark gerasterten Dach, einer Stützenreihe durch die Längs achse und zwei
Wänden an den kurzen Enden besteht, hat einen sehr starken Aus druck. Sie wirkt
rau, ungeschliffen und gleichzeitig spontan. Diesen Eindruck wollte ich unbedingt
erhalten. In der Halle sollen Geschichte und Gegenwart miteinander verbunden wer-
den. Neben fest installierten Raumangeboten bleibt auch immer die Möglichkeit, den
Ort individuell zu entdecken und spontan zu bereichern. Den Besuchern wird so die
Ge legenheit gegeben, den Charakter der ehemaligen Panzer halle durch ihre Anwesen -
heit, ihre Interessen und ihre Kreativität mitzubestimmen und neu zu beleben.
Besonders auffällig ist zudem die recht flache Landschaftsebene in Richtung
Mannheimer Innenstadt, die mir geholfen hat, einen konzeptionellen Bezug zwischen
dem Stadtteil Käfertal und der Innenstadt herzustellen.
Individuelles Raumangebot stiftet Identität
An die Stelle der vormals geparkten Panzerfahrzeuge habe ich drei unterschiedlich
große Module in das Raster der Halle eingeschoben. Die verschieden hohen Bau -
körper gliedern zum einen die recht große Fläche und vereinen zum anderen die da -
für vorgesehenen Funktionen. So können parallel Veranstaltungen stattfinden, der
Cafébetrieb laufen und Bücher ausgetauscht werden. Beim Wandeln zwischen den
Modulen lassen sich immer andere Perspektiven und Durchblicke auf dem neu ge -
stalteten Areal entdecken. Die Raumwahrnehmung mit einer stringenten Reihung an
Stützen und einer stark zentralperspektivischen Sicht wird dabei noch unterstützt. Die
frei gebliebenen Flächen zwischen den neuen Räumen sind je nach Schwerpunkt in -
di viduell nutz- und gestaltbar, beispielsweise zum Skaten, Biken, Parkouren, Klettern
und Tanzen. Die Module werden jeweils von einer Klammer aus Cortenstahl gefasst.
Ihre transluzente Fassade aus Polycarbonat sorgt für Transparenz und verbindet
Innen- und Außenraum miteinander. Das farbige Licht der Innenflächen taucht die
Räume in warmes Licht. Es wird nach außen reflektiert und lässt die Module bei
Nacht zu beeindruckenden Leuchtobjekten werden. Bewegungen und Abläufe werden
schemenhaft von außen wahrgenommen, wodurch Interaktion entsteht und der
Zugang erleichtert wird. Jeder der drei Türme ist jeweils auf sein Gegenüber aus-
gerichtet und alle sind in Richtung Innenstadt und Käfertaler Wald geöffnet. Der his-
torischen Dimension des Bestandsgebäudes soll im Verlauf der baulichen Ver -
änderung respektvoll entgegengetreten werden. Entstehen soll ein Ort, der durch die
Verknüpfung von ursprünglicher wie neuer Struktur an Qualität gewinnt. So erfährt
das neue Viertel eine Aufgewertung und erhält einen identitätsstiftenden Mittelpunkt.
AIT 4.2016 • 043