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WOHNEN • LIVING
CIASA LE FIUN
IN ENNEBERG
Entwurf • Design Daniel Ellecosta, IT-Truden
Die Herausforderung beim Bauen im ländlichen Raum besteht mit-
unter darin, der umliegenden Landschaft respektvoll gegenüberzu-
treten. In Enneberg, einer ladinischsprachigen Gemeinde in Südtirol,
ist das gelungen. Architekt Daniel Ellecosta hat hier einen Gewerbe-
bau mit angeschlossener Dienstwohnung geschaffen, der zum Teil
im Hang verschwindet und die vorhanden Baustruktur fortschreibt.
von • by Christine Schröder
A lles begann, als der Großvater des Bauherrn im Jahr 1915 anfing, Wolle und Leinen
zu verbarbeiten. Heute betreibt der Enkel den Betrieb in dritter Generation. Zum
Stammhaus in St. Vigil, dem Hauptort der Südtiroler Gemeinde Enneberg, ist ein Ge-
schäft in Olang hinzugekommen. Verbunden werden die Orte über den sich zwischen
den Bergen Kronplatz und Piz da Peres durch die Gebirgswelt windenden Furkelpass. An
dieser Straße ist nun eine weitere Produktionsstätte der Kunstweberei entstanden. Aller-
dings ohne Verkaufsraum, dafür integriert im Wohnhaus der Familie. Angelehnt an die
traditionelle Weilerarchitektur der Umgebung hat Architekt Daniel Ellecosta den Baustil
seiner Heimatregion neu gedacht. Die steile Südhanglage machte er sich dabei zunutze
und vergrub den Gewerbeteil aus Anlieferung und Lagerräumen sowie den hangseitigen
Teil vom Erdgeschoss im Berg. So konnte auch die Maßstäblichkeit beibehalten werden.
Entstanden ist ein langgezogenes Gebäude mit Sockel in Massivbauweise und einem
auskragenden, in dunklem Holz ausgeführten Satteldach, dessen First parallel zum Hang
verläuft. Konstruktive Holzstützen umschließen die Kubatur. Zum Teil mit Holzlamellen
geschlossene Zwischenräume bilden dabei geschützte Außenbereiche auf den umlaufen-
den Terrassen in Erd- und Obergeschoss. Lokale, handwerklich verarbeitete Materialien
wie helles Fichtenholz und grober Putz mit regionalen Zuschlägen zollen Respekt und
verleihen dem Neubau zugleich einen zeitlosen Charakter. Im Erdgeschoss befindet sich
ein Werkraum mit Büro, bevor es in die Dienstwohnung geht. Nebenräume und die Er-
schließung sind entlang des Hangs organisiert, während durch die raumhohe Verglasung
auf der gegenüberliegenden Seite das Panorama der umliegenden Dolomiten voll zur
Geltung kommt. Im Erdgeschoss werden Küche und Wohnzimmer von einer eingestell-
ten, zum Wohnzimmer hin offenen Box zoniert. Eine historische Täfelstube mit Kachel-
ofen sorgt darin für Nostalgie. Im Obergeschoss befinden sich das Schlafzimmer der El-
tern und die der beiden Kinder. Krönenden Abschluss bildet das Dachgeschoss, das eine
mit hellem Fichtenholz ausgekleidete Galerieebene für jedes Zimmer bereithält.
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