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Entwurf • Design Wittfoht Architekten, Stuttgart
Jens Wittfoht Bauherr • Client Jens Wittfoht, Stuttgart
Standort • Location Zur Uhlandshöhe 4, Stuttgart
1957 in Köln geboren 1979-1987 Architekturstudium an der TH Darmstadt 1987-1992 Behnisch + Partner, Stuttgart seit 1988 diverse Lehrauf träge 1992- Fertigstellung • Completion Oktober 2013
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1994 Brenner + Partner, Stuttgart 1995 Gründung Petry + Wittfoht Freie Architekten, Stuttgart seit 2001 Mitglied BDA seit 2004 Mitglied BDIA 2005 Nutzfläche • Floor space Gesamt: 1.500 m / Wohnebene: 396 m 2
Gründung Wittfoht Ar chi tekten, Stuttgart seit 2011 Gestaltungsbeirat der Stadt Saarbrücken seit 2014 Städtebauausschuss der Stadt Stuttgart Fotos • Photos Brigida González, Stuttgart
Zurückhaltende Formen und Farben rahmen den Ausblick. • Unostentatious forms and colours frame the view. Das Schlafzimmer öffnet sich zu einem eingeschnittenen Patio. • The bedroom opens to an incised patio.
D as in den 1960er-Jahren von Josef und Hans-Dieter Traub für den Haftpflicht ver band den, die den hybriden Funktionen des Wohnens und Arbeitens gleichermaßen ge recht
der Deutschen Industrie entworfene Verwaltungsgebäude liegt in Halb höhenlage,
wird. Die Fas saden der beiden Obergeschosse wurden daher komplett – bis auf die mit
öst lich der Stuttgarter Innenstadt. Die Architekten positionierten den Baukörper mit sei- Naturstein verkleideten Partien, die eine konsequente Innendämmung erhielten – durch
ner Längs achse senkrecht zum Hang, wodurch die für Stuttgart typische topografische energetisch hochwertige Metall-Glas-Fassaden mit neuen Fenster elementen ausgetauscht.
Situa tion ideal genutzt wurde. So erscheint das eigentlich dreigeschossige Gebäude, von Die Brüstungshöhe der Fensterelemente wurde dabei von 90 auf 40 Zentimeter reduziert
der Stadt aus betrachtet, zweigeschossig und die Baumasse wird als gering und ange- und die Fensterebene leicht vor- und zurückspringend angeordnet, wodurch der Bau -
messen empfunden. Eine umlaufende Fassade aus eloxierten Alu paneelen und körper heute an Plastizität gewinnt. Fenster profile und Öffnungsflügel sind dunkel eloxiert,
Glasbändern mit Dreh fenstern prägte neben den Muschelkalk-Verklei dun gen des um optisch Teil des Glasbandes zu werden. Die eloxierten Metallbrüs tungs bänder hinge-
Treppenhauses und der hangseitigen Stirnseite das Erscheinungsbild. Durch seine gen sind heller, bräunlich changierend gehalten. Sie unterstreichen eben falls den horizon-
Positionierung und eine dezente braun graue Farbgebung der Fassaden ver schmolz der talen, liegenden Charakter der beiden Obergeschosse.
Baukörper mit dem ihn umgebenden Grün der nahe gelegenen Uh lands höhe und wurde
Teil der „Stadtlandschaft“. Um die Qualitäten des Ortes erhalten zu können, wurde trotz Der Bezug zum Außenbereich wurde intensiviert
des schlechten Ge bäu de zustands von einem kompletten Abbruch, wie ursprünglich ein-
mal geplant, Abstand ge nom men. Stattdessen wurde das Gebäude bis auf den Rohbau Der ursprünglich nahezu nicht gedämmte und mit Naturstein verkleidete Sockel wurde
zurückgeführt, teilweise er tüchtigt und entsprechend den neuesten energetischen Anfor - ebenfalls energetisch saniert und mit einem hochwertigen Putz verkleidet. Die zuvor als
derungen nachhaltig sa niert. Vorhandene Baustoffe wurden recycelt, wieder verwendet Brüs tungs fenster ausgebildeten Öffnungen auf der Gartenseite wurden geschosshoch ver-
und mit neuen, ressourcenschonenden und vorzugsweise unbrennbaren Wärmedämm - größert, um den Bezug zum Außenbereich zu intensivieren. Zudem wurde der Sockel farb-
stoffen in langlebige und na he zu wartungsfreie Konstruktionen überführt. lich in einem hellen Grauton bewusst von den Obergeschossen abgesetzt. Hierdurch wird
der „schwebende Charakter“ des Riegels betont. Die räumlich-funktionale Aufteilung im
Statt Bürozellen entstanden offene Wohn- und Arbeitsflächen Inneren sah im Gegensatz zum vorher reinen Verwaltungsbau nun eine zweigeteilte
Nutzung vor: im Erd- und ersten Obergeschoss sind helle, großzügige Büro räume ange-
Die Entkernung der Ge schos se er möglichte darüber hinaus die Transformation des beste- ordnet, im zweiten Obergeschoss Wohnräume mit offener Grundrissge staltung. Ein durch-
henden Verwaltungsbaus mit seinen klassischen Zellenbüros in offen strukturierte Wohn- gehender, hell pigmentierter Eichenfußboden betont die Einheit lichkeit der Wohnfläche.
und Arbeitsflächen. Insge samt nimmt der Umbau die klaren architektonischen Elemente Die weiß lackierten Brüstungselemente der Büroetage sind in den Wohnräumen in Eiche
und Prinzipien des Bestands auf, interpretiert diese und setzt sie in einem neuen, zeitge- ausgeführt, um die Wohnatmosphäre zu unterstreichen. Eine filigrane Stahlwendeltreppe
mäßen architektonischen Kontext fort. Die klassische Zweiteilung des Bau körpers in Ge - verbindet nun den eingeschnittenen Freibereich im zweiten Obergeschoss mit der exten-
bäude rie gel und Sockel blieb dabei erhalten. Und auch die Material- und Farbwahl wurde siv begrünten Dachfläche, die in Teilen als Terrasse nutzbar ist. Eine metallic-graue Pergola
angemessen neu interpretiert. Während die Ostfassade und das Trep pen haus ihre mit bildet hier den oberen Abschluss des Gebäudes. Zusätzliche Solarkollektoren auf dem
Muschelkalk verkleideten Fassaden behielten, stellte die Neukon zeption der übrigen Fas - Dach unterstützen die Warmwasseraufbereitung, während eine Regenwasserzisterne der
saden flächen in bautechnischer, energetischer und gestalterischer Hinsicht eine Heraus - ressourcenschonenden Gartenbewässerung dient. Das Energiekonzept basiert auf der
forde rung dar, denn es musste eine Materialisierung und Formensprache ge funden wer- Kom bination von regenerativen und fossilen Energieträgern.
AIT 3.2016 • 131