Page 131 - AIT0316_E-Paper
P. 131

Entwurf • Design Wittfoht Architekten, Stuttgart
                Jens Wittfoht                                                                     Bauherr • Client Jens Wittfoht, Stuttgart
                                                                                                  Standort • Location Zur Uhlandshöhe 4, Stuttgart
                1957 in Köln geboren 1979-1987 Architekturstudium an der TH Darmstadt 1987-1992 Behnisch + Partner, Stuttgart seit 1988 diverse Lehrauf träge 1992-  Fertigstellung • Completion Oktober 2013
                                                                                                                          2
                1994 Brenner + Partner, Stuttgart 1995 Gründung Petry + Wittfoht Freie Architekten, Stuttgart seit 2001 Mitglied BDA seit 2004 Mitglied BDIA 2005  Nutzfläche • Floor space Gesamt: 1.500 m / Wohnebene: 396 m 2
                Gründung Wittfoht Ar chi tekten, Stuttgart seit 2011 Gestaltungsbeirat der Stadt Saarbrücken seit 2014 Städtebauausschuss der Stadt Stuttgart  Fotos • Photos Brigida González, Stuttgart





































                Zurückhaltende Formen und Farben rahmen den Ausblick. • Unostentatious forms and colours frame the view.  Das Schlafzimmer öffnet sich zu einem eingeschnittenen Patio. • The bedroom opens to an incised patio.



                D   as in den 1960er-Jahren von Josef und Hans-Dieter Traub für den Haftpflicht ver band  den, die den hybriden Funktionen des Wohnens und Arbeitens gleichermaßen ge recht
                    der Deutschen Industrie entworfene Verwaltungsgebäude liegt in Halb höhenlage,
                                                                              wird. Die Fas saden der beiden Obergeschosse wurden daher komplett – bis auf die mit
                öst lich der Stuttgarter Innenstadt. Die Architekten positionierten den Baukörper mit sei-  Naturstein verkleideten Partien, die eine konsequente Innendämmung erhielten – durch
                ner Längs achse senkrecht zum Hang, wodurch die für Stuttgart typische topografische  energetisch hochwertige Metall-Glas-Fassaden mit neuen Fenster elementen ausgetauscht.
                Situa tion ideal genutzt wurde. So erscheint das eigentlich dreigeschossige Gebäude, von  Die Brüstungshöhe der Fensterelemente wurde dabei von 90 auf 40 Zentimeter reduziert
                der Stadt aus betrachtet, zweigeschossig und die Baumasse wird als gering und ange-  und die Fensterebene leicht vor- und zurückspringend angeordnet, wodurch der Bau -
                messen empfunden. Eine umlaufende Fassade aus eloxierten Alu paneelen und  körper heute an Plastizität gewinnt. Fenster profile und Öffnungsflügel sind dunkel eloxiert,
                Glasbändern mit Dreh fenstern prägte neben den Muschelkalk-Verklei dun gen des  um optisch Teil des Glasbandes zu werden. Die eloxierten Metallbrüs tungs bänder hinge-
                Treppenhauses und der hangseitigen Stirnseite das Erscheinungsbild. Durch seine  gen sind heller, bräunlich changierend gehalten. Sie unterstreichen eben falls den horizon-
                Positionierung und eine dezente braun graue Farbgebung der Fassaden ver schmolz der  talen, liegenden Charakter der beiden Obergeschosse.
                Baukörper mit dem ihn umgebenden Grün der nahe gelegenen Uh lands höhe und wurde
                Teil der „Stadtlandschaft“. Um die Qualitäten des Ortes erhalten zu können, wurde trotz  Der Bezug zum Außenbereich wurde intensiviert
                des schlechten Ge bäu de zustands von einem kompletten Abbruch, wie ursprünglich ein-
                mal geplant, Abstand ge nom men. Stattdessen wurde das Gebäude bis auf den Rohbau  Der ursprünglich nahezu nicht gedämmte und mit Naturstein verkleidete Sockel wurde
                zurückgeführt, teilweise er tüchtigt und entsprechend den neuesten energetischen Anfor -  ebenfalls energetisch saniert und mit einem hochwertigen Putz verkleidet. Die zuvor als
                derungen nachhaltig sa niert. Vorhandene Baustoffe wurden recycelt, wieder verwendet  Brüs tungs fenster ausgebildeten Öffnungen auf der Gartenseite wurden geschosshoch ver-
                und mit neuen, ressourcenschonenden und vorzugsweise unbrennbaren Wärmedämm -  größert, um den Bezug zum Außenbereich zu intensivieren. Zudem wurde der Sockel farb-
                stoffen in langlebige und na he zu wartungsfreie Konstruktionen überführt.   lich in einem hellen Grauton bewusst von den Obergeschossen abgesetzt. Hierdurch wird
                                                                              der „schwebende Charakter“ des Riegels betont. Die räumlich-funktionale Aufteilung im
                Statt Bürozellen entstanden offene Wohn- und Arbeitsflächen   Inneren  sah  im  Gegensatz  zum  vorher  reinen  Verwaltungsbau  nun  eine  zweigeteilte
                                                                              Nutzung vor: im Erd- und ersten Obergeschoss sind helle, großzügige Büro räume ange-
                Die Entkernung der Ge schos se er möglichte darüber hinaus die Transformation des beste-  ordnet, im zweiten Obergeschoss Wohnräume mit offener Grundrissge staltung. Ein durch-
                henden Verwaltungsbaus mit seinen klassischen Zellenbüros in offen strukturierte Wohn-  gehender, hell pigmentierter Eichenfußboden betont die Einheit lichkeit der Wohnfläche.
                und Arbeitsflächen. Insge samt nimmt der Umbau die klaren architektonischen Elemente  Die weiß lackierten Brüstungselemente der Büroetage sind in den Wohnräumen in Eiche
                und Prinzipien des Bestands auf, interpretiert diese und setzt sie in einem neuen, zeitge-  ausgeführt, um die Wohnatmosphäre zu unterstreichen. Eine filigrane Stahlwendeltreppe
                mäßen architektonischen Kontext fort. Die klassische Zweiteilung des Bau körpers in Ge -  verbindet nun den eingeschnittenen Freibereich im zweiten Obergeschoss mit der exten-
                bäude rie gel und Sockel blieb dabei erhalten. Und auch die Material- und Farbwahl wurde  siv begrünten Dachfläche, die in Teilen als Terrasse nutzbar ist. Eine metallic-graue Pergola
                angemessen neu interpretiert. Während die Ostfassade und das Trep pen  haus ihre mit  bildet hier den oberen Abschluss des Gebäudes. Zusätzliche Solarkollektoren auf dem
                Muschelkalk verkleideten Fassaden behielten, stellte die Neukon zeption der übrigen Fas -  Dach unterstützen die Warmwasseraufbereitung, während eine Regenwasserzisterne der
                saden flächen in bautechnischer, energetischer und gestalterischer Hinsicht eine Heraus -  ressourcenschonenden  Gartenbewässerung  dient.  Das  Energiekonzept  basiert  auf  der
                forde rung dar, denn es musste eine Materialisierung und Formensprache ge funden wer-  Kom bination von regenerativen und fossilen Energieträgern.


                                                                                                                               AIT 3.2016  •  131
   126   127   128   129   130   131   132   133   134   135   136