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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION
COFFEESHOP BOEREJONGENS
IN AMSTERDAM
Entwurf • Design Mees Visser, NL-Amsterdam
Triste Wände mit welligen und ausgeblichenen Plakaten, speckige Mö -
bel, schummriges Licht und eine Luft, die man mit dem Mes ser schnei-
den kann – der typische Amster damer Coffees hop ist selten ein Re fu -
gium des guten Geschmacks. Mit dem von Mees Visser gestalteten
neuen Boere jongens Coffeeshop beweist die Betreiberin nun, dass es
auch anders geht und holt ihre Branche aus der Schmuddelecke!
von • by Dr. Uwe Bresan
S ie nennt sich Mariska und ist eine der ganz wenigen Frauen in ihrem Business! Ihre
Produkte heißen White Choco Block, Girl Scout Cookie oder Big Buddha Cheese und
sind vielfach ausgezeichnet. Sie werden in Marokko unter Fair-Trade-Be din gungen produ-
ziert, im Grammbereich gehandelt und mittlerweile in vier eigenen Läden in Amsterdam,
den sogenannten Boerejongens Coffee shops, verkauft. Mit ihnen ist Mariska in den letzten
Jahren eine kleine Sensation gelungen: Denn sie hat das Geschäft mit Marihuana, Ha -
schisch und Co. aus der ewigen Schmuddelecke herausgeholt und eine echte Alternative
zu den von Rauchschwaden gesättigten und in schummriges Licht getauchten Coffee shops
der Stadt etabliert. Das Erfolgsrezept da hinter ist eigentlich ganz einfach: Mariskas Läden
sind mit dem gleichen Qualitäts an spruch, der gleichen Sorgfalt und Liebe gestaltet, mit der
sie sich auch ihren preisgekrönten Can nabis züchtungen widmet. Mit ihren massiven wei-
ßen Marmortheken, den edlen Wandvertäfelungen aus Eichenholz und ihren filigranen
Mes singregalen wirken die Boerejongens-Filialen eher wie teure Apotheken oder ex klu sive
Juweliergeschäfte. Unterstützt wird dieser Eindruck von den weißen Kitteln des gut
geschulten Personals ebenso wie von den elegant gekleideten Türstehern, deren schwarze
Bow ler längst zu einem eigenen Markenzeichen geworden sind. Auch die neueste Boere -
jon gens-Filiale in einem ehemaligen Industrieareal im Westen von Amsterdam, das derzeit
für Wohn- und Mischnutzungen erschlossen wird, folgt im Großen und Ganzen dem er -
probten Konzept. Für die „Feinheiten“ holte sich Mariska dieses Mal allerdings professio-
nelle Unterstützung von den Architekten Uda Visser und Marijn Mees. Sie verpassten dem
früheren Industriebau ein modernes Make-over, öffneten die Erdgeschossfassaden mit gro-
ßen Eichenholz fenstern und gestalteten ein weit auskragendes Vor dach. Dessen Unter seite
ist mit einem perforierten, akustisch wirksamen Messingblech verkleidet, das sich im
Innenraum nahtlos als Deckenverkleidung fortsetzt. Die Lochung zeigt die Umrisse des
Boerejongens-Logos! Um die Klarheit des Raumes nicht zu stören, wurde die gesamte
Licht-, Lüftungs- und Überwachungstechnik so weit wie möglich in die Decke integriert.
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