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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS
J&T BANK-HAUPTQUARTIER
IN PRAG
Entwurf • Design CMC architects, CZ-Prag
Banker haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich an An-
sehen eingebüßt. Mit ihnen die Bankgebäude, die häufig nur noch als
Symbol männlicher Arroganz verstanden werden. Durch feinsinnige
Architektur und das Integrieren öffentlicher Nutzungen gelingt es
CMC architects, ihren Neubau mit dem Stadtleben zu verweben und
erwiesene Investorenarchitektur einmal vom Pejorativ zu befreien.
von • by Stephan Faulhaber
L iegend anstatt stehend, Riegel anstatt Turm – die Bautypologie drückt eine ange-
nehme Genügsamkeit aus, den Verzicht darauf eine neue Landmarke zu setzen. Ein-
fach und konsequent passt sich das achtgeschossige Gebäudevolumen an die benach-
barten Gewerbebauten an. Fast schon bescheiden, zählt doch die J&T Banka zu den
größten Privatbanken Tschechiens. Neben traditionellen Finanzdienstleistungen entwi-
ckelte sie sich insbesondere durch Beteiligungen im Gesundheits-, Immobilien- und Me-
diensektor zum Branchenprimus. Mit Sparta Prag im Portfolio nennt sie heute sogar
einen hochrangigen Fußballverein ihr Eigen. Dem Gestaltungskonzept der Architekten
ging eine Mitarbeiterumfrage voraus: Komfortable Räume für Kundengespräche und in-
terne Konferenzen lautete der mehrheitliche Wunsch, Orte zum Treffen und Entspannen.
Wohl wissend darum, dass eine angenehme Raumatmosphäre zu einem erfolgreichen
Kundengespräch beitragen kann, setzen David R. Chisholm und Vít Máslo den starren,
regelmäßigen Strukturen – dem Rationalen – organische, dynamische Formen – einen
Hauch Emotion – entgegen. In der Eingangshalle formieren sich 727 mundgeblasene Glas-
kristalle, einzeln von der Decke hängend verfügen sie alle über eine integrierte Licht-
quelle, zu einer 20 Meter langen Unikatleuchte und bilden einen repräsentativen Auftakt.
Dieses stilvolle Empfangselement, Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem tschechischen
Designleuchten-Label Bomma, lässt die kunstfertige Tradition des böhmischen Glashand-
werks aufleben und distanziert sich vom stereotypen Lüster-Kitsch. Ebenfalls im Erdge-
schoss befindet sich ein Café und trägt zur Belebung des Stadtquartiers bei. Hier greifen
unterschiedlich geschwungene, parallel angeordnete Hölzer entlang der Decke das orga-
nische Wellenmotiv im Foyer auf, als weicher Pol gegenüber den geradlinigen Geome-
trien. Nicht nur in der öffentlichen Galerie, die ihren Beitrag zu einer kulturfreundlichen
Mischnutzung leistet, sondern auf allen Etagen schmücken die Werke zeitgenössischer
Künstler und talentierter Kunststudenten das Bankgebäude. Im Dachgarten erwartet
einen der Blick auf Pavel Janáks Libeň Brücke im Norden und die Prager Burg im Westen.
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