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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS
RAT- UND BÜRGERHAUS
IN HOLZWICKEDE
Entwurf • Design Bez + Kock Architekten, Stuttgart
Das im Jahre 1915 erbaute Rathaus im nordrhein-westfälischen Holz-
wickede wurde nicht nur aufwendig saniert und umstrukturiert.
Durch den Erweiterungsbau konnte das Raumangebot so weit vergrö-
ßert werden, dass endlich alle Funktionsbereiche Platz fanden. Bez +
Kock Architekten sorgten zudem dafür, dass die verloren gegangenen
atmosphärischen Qualitäten des Altbaus wieder erlebbar sind.
von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
D as unter Denkmalschutz stehende Rathaus in Holzwickede bot schon seit Längerem
nicht mehr genügend Platz. Mehrere Nutzungen mussten auf andere, in der Stadt
verteilte Räumlichkeiten ausgelagert werden. Dank des Erweiterungsbaus konnten sie
nun wieder zentralisiert werden. Raum hat es heute genug: Zu den knapp 2000 Quadrat-
metern Bruttogeschossfläche im historischen Gebäude kamen weitere 3500 Quadratme-
ter hinzu. Das in diesem Frühjahr fertiggestellte Umbauprojekt ging aus einem Wettbe-
werb von 2017 hervor, den Bez + Kock Architekten für sich entschieden. Ihr Vorschlag, den
Altbau um ein dreistöckiges, L-förmiges Volumen zu ergänzen, das den Bestand von zwei
Seiten umschließt, sich aber zugleich als zurückhaltender Baukörper in die Gesamtsituati-
on fügt, überzeugte die Jury. Der Wettbewerbsentwurf versprach nicht zu viel: Das gebau-
te Resultat zeigt, wie der ehrwürdige Altbau als solitärer Baukörper erkennbar bleibt und
Teil eines großen Ganzen wird. Dessen Herzstück bildet ein zentrales Foyer: Alter und
neuer Rathausteil positionieren sich dort um einen überdachten Innenhof. Für einen reiz-
vollen Tageslichteinfall sorgen Oberlichter mit plastisch modellierten Wandungen. Die so
erzeugte, einladende Atmosphäre ist wichtig, denn das Foyer dient als Bürgersaal, Anlauf-
stelle des Bürgerservice, zentraler Kommunikationsort und darüber hinaus als eine Art
museale Halle, in der sich das historische Rathaus selbst ausstellt. Dabei kommunizieren
die farblich changierenden Klinkerfassaden des Neubaus mit der Farbigkeit des Altbaus.
Eichenholz ergänzt die betont schlichte Materialpalette im Annex. Ein verglaster Eingangs-
bereich vermittelt elegant zwischen beiden Bauteilen. Klug gelöst wurde die Erschließung:
So stellt eine neue offene Treppe in der Halle einen attraktiven Ort der Begegnung dar.
Die einst sackgassenartigen Kurzflure des historischen Rathauses wurden aufgebrochen
und erweitert. Auf diese Weise entstand ein umlaufendes Erschließungssystem, das funk-
tionale und ästhetische Aufgaben gleichermaßen erfüllt. Auf mehreren Ebenen gelangen
heute MitarbeiterInnen und BesucherInnen von Neu nach Alt und umgekehrt und erle-
ben dabei die historischen Details aus ganz neuen Blickwinkeln und ungewohnter Nähe.
096 • AIT 12.2023