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Prof. Stephan Birk                       Laura Amon



       Foto: Andreas Labes  1975 in Stuttgart geboren 2003 Diplom, Architektur und Stadtplanung, Uni   1994 in Heilbronn geboren 2013–2020 Mitarbeit in verschiedenen Architek-  Foto: Andreas Labes
                            Stuttgart 2005 Bürogründung mit Liza Heilmeyer, Stuttgart seit 2012 Birk
                                                                     turbüros 2020 Masterabschluss Architektur am Karlsruher Institut für Tech-
                            Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart 2021 Professur, TU München
                                                                     nologie seit 2021 Projektleiterin bei Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten




























        Der dunkle Linoleumboden zieht sich konsequent durch alle Räume und kontrastiert effektvoll die natürlichen Holztöne. • The dark linoleum floor runs consistently through all rooms and contrasts effectively with the natural wood tones.




        nen von einer grünen Kulisse begrüßt werden. Ein Einschnitt in der Kubatur definiert den   holzplatte (BSP) hergestellt, beide sind mittels Schraub-Press-Verleimung im Werk verbun-
        Haupteingang. Auf der waldzugewandten Fassade finden die SportlerInnen Sitznischen,   den, sodass Doppel-T-Elemente entstehen. Auf das verschraubte Element ist anschließend
        einen Rückzugsort zum Durchatmen und Regenerieren im Schatten der Bestandsbäume.   eine bituminöse Dampfsperre aufgebracht worden. Hierdurch muss auf der Baustelle nur
        Das Gebäude bezieht seine Gestalt aus dem Kontext sowie der konsequenten Umsetzung   der Stoß zweier Elemente miteinander verklebt werden. Dieser Aufbau gewährleistet nicht
        als Holzbau. Die gewählte geometrische Ordnung ist durch die vertikal gegliederte Lise-  nur eine schnelle Montage der 18 Dachelemente, sondern auch einen temporären Witte-
        nenfassade auch außen ablesbar. Struktur, Material und Farbe fügen sich in das Wäld-  rungsschutz und damit eine verkürzte Zeit bis zur Dichtigkeit des Rohbaus. Eine weitere
        chen ein. Die äußere Bekleidung der Holzfassade ist mit einer Vorvergrauung versehen,   Zeitersparnis stellt die Vorfertigung der Wandelemente inklusive der inneren Beplankun-
        die auf chemische Zusätze verzichtet und so die Möglichkeit bietet, diese in den Kreislauf   gen für Halle und Geräteräume dar. Somit sind keine Arbeiten an den hohen Giebelwän-
        zurückzuführen. Auch im Innenraum dominieren natürliche und einfache Materialien:  den der Halle notwendig, was den Geräteeinsatz auf der Baustelle vereinfacht. Durch die
        Holzwerkstoffplatten für die Wandbekleidung, eine Holzbretterschalung als Prallwand   Optimierungen im Planungs- und Bauprozess war eine Fertigstellung der Halle innerhalb
        und dunkles Linoleum für den Sportboden, der im Kontrast zu den hellen, natürlichen  von zwei Jahren nach Wettbewerbsentscheidung und Beauftragung möglich.
        Holzoberflächen steht. Die Spielfläche kann durch einen Vorhang asymmetrisch geteilt
        werden, gemeinsam mit der geschickten Platzierung der Sporteinbauten lässt sich die  Haustechnik – integral und einfach
 Filigrane Stützen und Träger aus Brettschichtholz bilden im Achsabstand von 1,25 Metern das Primärtragwerk der Sporthalle. • Filigree supports and beams form the primary load-bearing structure of the sports hall at centre-to-centre.  Halle somit für alle Sportarten der Landessportschule nutzen. Gute Adaptionsmöglichkei-
        ten an zukünftige Nutzungsszenarien sind sichergestellt.     Mittels Verglasungsbändern auf den beiden Längsseiten erfolgt die Belichtung der Zwei-
                                                                     feldhalle. Lamellenfenster rhythmisieren diese in jedem fünften Feld und sorgen für eine
        leanWOOD – ein holzbauspezifischer Planungs- und Bauprozess  natürliche Lüftung und Nachtauskühlung. Für die Beheizung der Sporthalle kommen De-
                                                                     ckenstrahlplatten zum Einsatz, die, in sieben Meter Höhe zwischen den Trägern montiert,
        Vom Konzept (Wettbewerb, 1. Rang) bis ins Detail wurde die Zweifeldhalle in interdiszipli-  eine maximal nutzbare Wärmeübertragung ermöglichen. Die Strahlungswärme wird vom
        närer Zusammenarbeit umgesetzt. Möglich gemacht hat dies die von der Auftraggeberin   Körper als angenehm empfunden und direkt aufgenommen, sie setzt den natürlichen
        gewählte Ausschreibungs- und Vergabeart. Mit allen Fachdisziplinen und dem ausführen-  Charakter der Halle nicht nur durch die gewählten Materialen, sondern auch durch die
        den Holzbauunternehmen von Beginn an einem Tisch, konnten die Planungszeit verkürzt   Wärmeverteilung im Innenraum fort. Durch den Einsatz der Deckenstrahlplatten muss
        und ansonsten übliche Schnittstellenprobleme zwischen der Ausführungsplanung und  kein Bauteil gesondert aktiviert werden, wodurch ein schnelles und effizientes Erwärmen
        der Werk- und Montageplanung vermieden werden. Der Ansatz folgt damit den Prinzipien  des großen Hallenvolumens möglich ist. Weitere technische Elemente wie die ballwurf-
        von leanWOOD, einem holzbaugerechten Planungsprozess, der die frühzeitige Stakehol-  sicheren LED-Leuchten oder die auf ein Minimum reduzierten Akustikplatten fügen sich
        der-Einbindung, Holzbaukompetenz aller Beteiligten und eine vorgezogene detaillierte  in die Zwischenfelder des Tragwerks ein und vervollständigen das Erscheinungsbild der
        Planung vorsieht. Filigrane Stützen und Träger aus Brettschichtholz (BSH) bilden im Achs-  Hallendecke. Als Wärmequelle dient die vorhandene Wärmezentrale der benachbarten
        abstand von 1,25 Metern das Primärtragwerk der Sporthalle. Auf Nebenträger beziehungs-  Fußballhalle mit BHKW und Spitzenlastkessel (Gas). Über eine Nahwärmeleitung wird
        weise Substrukturen in der Fassade kann somit verzichtet werden. Das fein gegliederte   die Wärme in die neue Zentrale geleitet. Eine Übergabestation mit Plattenwärmetauscher
        Tragwerk bestimmt die Raumwirkung. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über die   trennt die zwei Systeme hydraulisch voneinander. Die angrenzenden Umkleideräume
        innere Beplankung und über Stahl-Windverbände im Bereich der Fenster, welche die   mit Duschen und WCs werden durch eine Fußbodenheizung mit Wärme versorgt. Zwei
        Halle zusätzlich strukturieren. Alle Holzbauelemente sind so geplant, dass eine möglichst   kontrollierte Lüftungsgeräte be- und entlüften die Umkleideräume. Die Luft wird durch
        geschickte Vorfertigung im Werk und eine reibungslose Montage vor Ort möglich sind:  einen hocheffizienten Wärmetauscher erwärmt. Somit sind die Verluste durch den Luft-
        Die Dachelemente sind aus jeweils zwei überhöhten BSH-Trägern und einer Brettsperr-  austausch sehr gering, und der Feuchtetransport findet kontrolliert statt.


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