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Anja Große-Berkenbusch                   C.F. Møller


                                  1998 geboren seit 10/2016 Studium Architektur und Städtebau, Uni Stutt-  gegründet 1924 Standorte Kopenhagen, Aarhus, Aal-
                                  gart 09/2018-04/2019 Studentische Hilfskraft an der Uni Stuttgart und  borg, Oslo, London, Stockholm, Malmö, Berlin Büro-  Foto der Partner: Mew
             Foto: privat         seit 2018 im Wechselraum des BDA 04-09/2019 C.F. Møller, Kopenhagen   struktur: rund 300 Mitarbeiter





             r Frau Große-Berkenbusch, auf der Homepage von C.F Møller ist zu lesen: “Wir
             schaffen jeden Tag architektonische Qualität, die auf Innovation, Erfahrung und
             nordischen Werten basiert“. Welche dieser Werte durften Sie kennenlernen?
             In vielen Lebensbereichen und jedem Maßstab – von alltäglichen Gebrauchsgegen-
             ständen bis hin zum Städtebau – legen die Dänen großen Wert auf Design und Wer-
             tigkeit. Zeitlosigkeit sowie ein bewusster Umgang mit Materialien und der Umgebung
              spielen eine große Rolle. In den Projekten, an denen ich mitgearbeitet habe, war es
             wichtig, eine klare und schlichte Formensprache zu finden und den menschlichen
             Maßstab nicht aus den Augen zu verlieren. Warme Farben und Materialien bringen
             Ruhe und Gelassenheit in die nordische Architektursprache. Nachhaltige, ökologi-
             sche Aspekte haben ebenfalls einen hohen Stellenwert. Und Holzbau ist ein Thema,
             für welches C.F. Møller auch politisch versucht, Überzeugungsarbeit zu leisten.

             r Wie ist das Kopenhagener Büro strukturiert, und was für eine Praktikantenkul-
             tur wird dort gepflegt?
             Wie erwartet begegnete ich bei C.F. Møller einer flachen Bürohierarchie. In Kopen-
             hagen arbeiten rund 50 Mitarbeiter an Projekten im Ausland, aber auch im Inland.
             Als Praktikantin wurde ich von Anfang an sehr gut in die Planungsprozesse mit ein-
             gebunden und als gleichberechtigte Arbeitskraft gesehen. Durch die Übertragung von
             Verantwortung und die Beteiligung an internen sowie externen Meetings bestätigte
             sich das Gefühl, dass auch meine Meinung gefragt war. Die Praktikanten – zwischen
             sieben und zehn – sind hauptsächlich der Wettbewerbsabteilung zugeteilt und kom-
             men überwiegend aus dem dänischen Ausland. Die meisten aus Europa, einige aber
             auch aus Ländern wie Kolumbien, Ecuador oder China. Diese Mischung macht es
             umso interessanter. Durch die vielfältigen Erfahrungen, welche jeder mitbringt, ler-
             nen die Praktikanten viel voneinander. Projekte werden so gut wie immer in Team-
             arbeit und ständiger Absprache mit den Partnern ausgeführt. Generell gilt: Jeder hilft
             jedem. Teamarbeit wird groß geschrieben, und die Festangestellten sind gegenüber
             den Praktikanten sehr hilfsbereit und offen für Fragen und Tipps.
             r Sie haben 14 Monate lang im Kopenhagener Büro gearbeitet, zunächst als Prak-
             tikantin, dann als Studentische Hilfskraft. Worin bestanden Ihre Aufgaben, und                                            Rendering: C.F. Møller Architects
             an welchen Projekten durften Sie mitwirken?
             Durch die große Vielfalt an Projekten bei C.F. Møller konnte ich unterschiedliche
             Bereiche kennenlernen. In meinen ersten Monaten war ich für die Wettbewerbsab-  Anja arbeitete mit an der Bellerivestraße 36 in Zürich, ... • Anja collaborated on the Bellerivestrasse 36 project, ...
             teilung tätig und konnte daher in mehreren größeren und kleineren Projekten meine
             Arbeit mit einbringen. Eines meiner ersten Projekte war die „Bellerivestraße 36“ am
             Zürichsee. Der in die Jahre gekommene Bürobau aus den 1970er-Jahren sollte in ein  ... einem Umbau eines Bürobaus aus den 1970er-Jahren. • ... the conversion of an office building from the 1970s.
             modernes,  nachhaltiges  Bürogebäude  gemäß  den  Schweizer  Energiestandards
             „Minergie-A” umgeplant werden. Meine Aufgaben bestanden in der Neuplanung der
              Grundrisse. Außerdem untersuchte ich, wie sich der Altbau auch im Hinblick auf die
             Gebäudestruktur in ein zeitgemäßes Bürogebäude verwandeln lässt. Mein zweites
             großes  Projekt  war  die  Neuplanung  des  Carossa-Quartiers  in  Berlin-Spandau.
             C.F Møller gewann im Herbst 2019 den Wettbewerb. Von den mehr als 1000 Woh-
             nungen, die entstehen sollen, wird C.F Møller knapp 500 realisieren. Meine Aufga-
             ben waren sehr vielfältig. Beteiligt war ich an der Konzeptentwicklung, dem Lösen
             von Grundrissen sowie dem Erstellen von Visualisierungen und Präsentationsunter-
             lagen. Lehrreich war es für mich auch, mitzuerleben, wie wichtig der regelmäßige
             Austausch zwischen Planern, Bauherren und der Stadt im Planungsprozess ist.

             r Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie mitnehmen konnten?                                                        Rendering: C.F. Møller Architects, Filippo Bolognese Images
             In Bezug auf Architektur habe ich sehr viel im praktischen Bereich – Programme,
             Gestaltungsregeln, Normen und so weiter – gelernt, was mich sicherlich in meinem
             weiteren Studienverlauf unterstützen wird. Wichtiger finde ich jedoch, was ich wäh-
             rend eines normalen Arbeitsalltags mitnehmen konnte. Gerade die Sicherheit in der

                                                                                                                           AIT 11.2020  •  037
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