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BAR HOTEL RESTAURANT

































            HOTEL BERGAMO

            IN LUDWIGSBURG



            Entwurf • Design Von M, Stuttgart


            Als Jagdsitz geplant und zur Residenz ausgebaut ist Schloss Ludwigs-
            burg heute das größte unversehrte Barockschloss Deutschlands. Das
            Architekturbüro Von M hat der Planstadt aus dem 18. Jahrhundert zu
            einer weiteren Besonderheit – ihrem ersten CO -neutralen Hotel – ver-
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            holfen. Klimafreundlich gebettet und mit Blick auf historische Archi-
            tektur, lässt sich hier von Damals, Heute und Morgen träumen.



            von • by Anna Katharina Göb
            M    it gestutztem Mansarddach, einer strahlenden Hülle aus weißen Eternitschindeln
                 und dem Anschluss ans Fernwärmenetz schlagen die für das Hotel Bergamo ver-
            antwortlichen Architekten Von M eine markante Brücke zwischen angrenzenden, hetero  -
            genen Barockbauten und innovativer Architektur. Das fünfgeschossige Gebäude auf der
            hier speziell zurückgebauten Tiefgaragenzufahrt bildet jene bislang fehlende und drin-
            gend notwendige Raumkante im Innenstadtkern von Ludwigsburg. Neben seinem mar-
            kanten und zugleich zurücknehmenden Äußeren punktet der modulare Systembau aus
            über 440 Kubik metern Holz mit hochwertigen Innenräumen, die von heller Buchenholz-
            verkleidung, naturbelassenen Materialien und raffiniert gestalteten Textilien bestimmt
            werden. Liebevolle Details wie integrierte Fenster-Sitznischen für ausschweifende Blicke
            bis zum stadtprägenden Residenzschloss sowie pfiffige, platzsparende Sanitärkerne ma-
            chen aus 55 Zimmern wahre Raumwunder. Ihren beschwerlichen Start sieht man ihnen
            dabei nicht an, doch Geschäftsführer Harald Kilgus musste langen Atem beweisen. Be-
            reits zu Beginn mehrerer Revitalisierungen der nördlichen Innenstadt hatte sich der Be-
            treiber eines Ludwigsburger Boardinghouse zugunsten der Errichtung dieses Hotels aus-
            gesprochen. Für ihn war das kleine Grundstück im Schatten des als Bausünde geltenden
            Marstall-Centers – einem Einkaufszentrum mit aufgesetzten Wohntürmen – aufgrund sei-
            ner prominenten Lage perfekt. Wenngleich die Nutzfläche für einen selbstständigen Ho-
            telbetrieb zu gering war, konnte Kilgus durch den Aspekt des Zweit-Hotels Verwaltungs-
            strukturen zusammenzufassen und auslagern. Dennoch folgten mehrere Debatten über
            die Konstruktion und das Erscheinungsbild mit dem Gestaltungsrat, ein abrupter Inves-
            torenabsprung und Baukostenerhöhungen. Dass trotz der Hürden dieses den neusten
            ökologischen Standards entsprechende Gebäude zeitnah zur Belebung des umgestalteten
            Quartiers beitragen kann, liegt vor allem an dem hohen Grad der fein abge stimmten Vor-
            fertigung der Zim mer. So dauerte es nach Errichtung des aussteifenden Betonkerns ledig-
            lich fünf Tage, die containerartigen Module vor Ort auf- und das Hotel fertigzustellen.

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