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WOHNEN  •  LIVING

































           HAUS 14A

           IN HELLERUP


           Entwurf • Design pihlmann architects, DK-Kopenhagen



           Bauen mit Bestand statt Bauen im Bestand: Wie die vorhandene
           Substanz eines Gebäudes genutzt und in die Neugestaltung integriert
           werden kann, zeigt das Wohnhaus 14a von pihlmann architects in
           Hellerup. Die dänischen Architekten setzen auf die Wiederverwertung
           von Abbruchmaterial und eine unprätentiöse collagenartige Komposi-
           tion einfacher Baustoffe mit viel Wohnqualität.



           von • by Veronika Staub
           G   emeinsam mit der Bauherrin und Kunsthistorikerin Marianne Krogh dekomponier-
               ten pihlmann architects ein zweigeschossiges, klassisch dänisches Einfamilienhaus
           mit roter Backsteinfassade, Satteldach und regelmäßig angeordneten Fenstern aus dem
           Jahr 1951. So konnte flexibler Wohnraum entstehen, der eine äußerst individuelle Hand-
           schrift trägt. Zwar mussten dafür teils Wände und Decken weichen, denn das Gebäu-
           de der Nachkriegszeit erwies sich innenräumlich aus heutiger Sicht als sehr starr. Doch
           Abbruchmaterialien erhielten eine neue Funktion und damit Wertigkeit. Beispielsweise
           sind Steinfragmente abgetragener Backsteinwände als Zuschläge in den Terrazzo-Boden
           eingearbeitet, der unter anderem in der Küche verlegt ist. Drei aus neuen Ziegeln gefertig-
           te Gebäudekerne für Erschließung, Steigleitungen und Stauräume zonieren nun die viel
           offeneren Grundrisse, während ein Luftraum beide Geschosse verbindet. Teils wurden
           größere, mehr Licht hereinlassende Fensteröffnungen geschaffen, teils vorhandene Fens-
           teröffnungen zugemauert. Die Original-Fensterstürze in der Fassade verweisen als Relikte
           auf die Vergangenheit. Der neue, innen eingesetzte Backstein unterscheidet sich in Farb-
           ton, Größe und Verlegebild explizit von den Ziegelsteinen des Bestands und verdeutlicht
           so den Zeitsprung zwischen Neu und Alt. pihlmann architects betrachten dieses Wohn-
           haus als eine kunstvoll gestaltete Collage, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
           verwebt und den Ist-Zustand lediglich als eine Phase betrachtet. Das Gebäude soll als
           unfertiges Ganzes wirken, in dem sich neuer und alter Backstein, Recycling-Terrazzo,
           Kiefernsperrholz für Pivot-Türen, Wand- und Deckenelemente, Putzoberflächen sowie Par-
           kettböden im Fischgrätverband als gleichwertige Akteure zum unprätentiösen Gesamtbild
           zusammenfügen. Viele Entscheidungen wurden erst auf der Baustelle getroffen. Die Wie-
           derverwertung vorhandener Ressourcen ist ein Thema, mit dem sich pihlmann architects
           in ihren Projekten intensiv beschäftigen. Diesen Ansatz wird auch der Dänische Pavillon
           auf der diesjährigen Biennale in Venedig widerspiegeln. Søren Pihlmann und sein Team
           werden ihn transformieren und vom 10. Mai bis 23. November bespielen.

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