Page 20 - AIT0325_Leseprobe
P. 20
WOHNEN • LIVING
HAUS 14A
IN HELLERUP
Entwurf • Design pihlmann architects, DK-Kopenhagen
Bauen mit Bestand statt Bauen im Bestand: Wie die vorhandene
Substanz eines Gebäudes genutzt und in die Neugestaltung integriert
werden kann, zeigt das Wohnhaus 14a von pihlmann architects in
Hellerup. Die dänischen Architekten setzen auf die Wiederverwertung
von Abbruchmaterial und eine unprätentiöse collagenartige Komposi-
tion einfacher Baustoffe mit viel Wohnqualität.
von • by Veronika Staub
G emeinsam mit der Bauherrin und Kunsthistorikerin Marianne Krogh dekomponier-
ten pihlmann architects ein zweigeschossiges, klassisch dänisches Einfamilienhaus
mit roter Backsteinfassade, Satteldach und regelmäßig angeordneten Fenstern aus dem
Jahr 1951. So konnte flexibler Wohnraum entstehen, der eine äußerst individuelle Hand-
schrift trägt. Zwar mussten dafür teils Wände und Decken weichen, denn das Gebäu-
de der Nachkriegszeit erwies sich innenräumlich aus heutiger Sicht als sehr starr. Doch
Abbruchmaterialien erhielten eine neue Funktion und damit Wertigkeit. Beispielsweise
sind Steinfragmente abgetragener Backsteinwände als Zuschläge in den Terrazzo-Boden
eingearbeitet, der unter anderem in der Küche verlegt ist. Drei aus neuen Ziegeln gefertig-
te Gebäudekerne für Erschließung, Steigleitungen und Stauräume zonieren nun die viel
offeneren Grundrisse, während ein Luftraum beide Geschosse verbindet. Teils wurden
größere, mehr Licht hereinlassende Fensteröffnungen geschaffen, teils vorhandene Fens-
teröffnungen zugemauert. Die Original-Fensterstürze in der Fassade verweisen als Relikte
auf die Vergangenheit. Der neue, innen eingesetzte Backstein unterscheidet sich in Farb-
ton, Größe und Verlegebild explizit von den Ziegelsteinen des Bestands und verdeutlicht
so den Zeitsprung zwischen Neu und Alt. pihlmann architects betrachten dieses Wohn-
haus als eine kunstvoll gestaltete Collage, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
verwebt und den Ist-Zustand lediglich als eine Phase betrachtet. Das Gebäude soll als
unfertiges Ganzes wirken, in dem sich neuer und alter Backstein, Recycling-Terrazzo,
Kiefernsperrholz für Pivot-Türen, Wand- und Deckenelemente, Putzoberflächen sowie Par-
kettböden im Fischgrätverband als gleichwertige Akteure zum unprätentiösen Gesamtbild
zusammenfügen. Viele Entscheidungen wurden erst auf der Baustelle getroffen. Die Wie-
derverwertung vorhandener Ressourcen ist ein Thema, mit dem sich pihlmann architects
in ihren Projekten intensiv beschäftigen. Diesen Ansatz wird auch der Dänische Pavillon
auf der diesjährigen Biennale in Venedig widerspiegeln. Søren Pihlmann und sein Team
werden ihn transformieren und vom 10. Mai bis 23. November bespielen.
090 • AIT 3.2025