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Verena Dietrich
1941 in Wetzlar geboren 1969–1975 Architekturstudium Fachhochschule Innsbruck, Diplom 1975–1982 Mitarbeit bei Schneider-Wesseling, Joachim und Margot Schürmann, Kraemer Pfennig Sievert, Planungsgruppe dt8 und
Walter von Lom, Köln 1982 Selbstständigkeit 1986 1. Preis für Publikumsbauwerk im Sportpark Köln-Hohenberg und Buchveröffentlichung „Architektinnen“ 1990 Architekturpreis der Stadt Köln 1993 Würdigung mit IAKS-Preis
(International Association for Sports and Leisure Facilities) 1993/94 Wettbewerbsgewinn Fußgängerbrücke Kölner Medienpark 1998 Entwurfsprofessur Fachhochschule Dortmund 2004 Tod nach schwerer Krankheit
Zeichnung: Deutsches Architekturmuseum
Zeichnung Brücke am Medienpark Köln, 1993/94 • Bridge in the Mediapark in Cologne, 1993/94
„Ich entscheide mich unter Tränen gegen
Ehe und Kinder, für die Architektur.“
Foto: Deutsches Architekturmuseum
Verena Dietrich
Verena Dietrich auf Schloss Wildeck, 1969 • Verena Dietrich at Wildeck Castle, 1969
von • by Dr. Wolfgang Voigt
E s muss etwa 1984 gewesen sein, als ich zum ersten Mal ihren Namen hörte. Eine sie nach Köln, und es folgte das praktische Entwerfen in renommierten Büros, in denen
Frau, die ich aus dem Studium kannte, berichtete mir mit leuchtenden Augen, dass
sie es aber meistens nicht lange aushielt. Ihre Aufenthalte bei den Architekten Schneider-
sie nach Köln fahren und dort eine außergewöhnliche Architektin besuchen würde, und Wesseling, Joachim und Margot Schürmann, Kraemer Pfennig Sieverts, Planungsgruppe
mir fiel auf, wie hoch die für ihre eigene Architektinnen-Zukunft daran geknüpften Erwar - dt8 und Walter von Lom fasste sie später als ihre sieben „un freien“ Jahre zusammen. Der
tungen gewesen sind. Danach verlor ich die Kommilitonin aus den Augen. Zwei am 27. Oktober 1982 unternommene Schritt in die Selbst ständigkeit war ein Sprung ins
Jahrzehnte später stand ich Verena Dietrich dann selbst gegenüber: Scharf geschnittenes kalte Wasser. Es gab weder Partner noch Aufträge, und trotzdem feierte Dietrich diesen
Profil, Kajalstrich um die Augen, millimeterkurz gestutzte weiße Haare, die Lippen feurig Tag für den Rest ihres Lebens als ihren eigentlichen Geburtstag. Wett bewerbe brachten
rot; eigenwillig elegant gekleidet in einen komplett schwarzen Anzug, schwarzes Hemd, den Durchbruch; 1986 gewann sie den ersten Preis für ihren Entwurf des Publi kums -
schwarzer Umhang. Sie erinnerte mich an die Künstlerin Meret Oppenheim, die sich in bauwerks im Sportpark Hohenberg in Köln. Eine logische und wunderbar leichte Kon -
ihren späten Jahren ähnlich inszenierte. Verena Dietrich hatte nur noch wenige Monate struk tion aus klar getrennten Elementen, mit einer 115 Meter breiten Tribüne aus anstei-
zu leben, und wir besprachen die Übergabe ihres Archivs an das Deutsche Architektur - genden Rängen unter einem fast schwebend erscheinenden, 18 Meter vorkragenden
museum (DAM). Was ein Anlass für Traurigkeit hätte sein können, war für sie ein persön- Dach; Letzteres gehalten von einem räumlichen Seiltragwerk an sechs aufragenden Stahl -
licher Sieg im jahrzehntelangen Kampf für die Sache der Frauen im Architektenberuf. In masten, für das sich Verena Dietrich von der Statik eines üblichen Baukrans anregen ließ.
den 1980er- Jahren hatte Heinrich Klotz den Nachlass von Lucy Hillebrand ins DAM aufge-
nommen. Nun war Verena Dietrich die zweite Architektin, deren Nachlass dort willkom- Pionierin und Aktivistin unter den Architektinnen
men und damit für würdig befunden war, den Beitrag der Frauen in der Architektur -
geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts zu repräsentieren. Die als Tochter eines Aus einem Wettbewerb ging auch die 1993/94 im Kölner Medienpark gebaute
Ingenieurs und Bergwerkdirektors 1941 in Wetzlar geborene Verena Dietrich machte Fußgängerbrücke hervor, die sie als dynamisch bewegtes Rahmenwerk konstruierte.
zunächst eine Metallografie-Ausbildung, an die sich „Lehr- und Wanderjahre“ im In- und Auszeichnungen für „Wohnen mit Kindern“ und für Innovation um Stahlbau, ihre
Ausland anschlossen, darunter einige Jahre am Boeing-Forschungsinstitut in Seattle in Mitarbeit im Bund Deutscher Architekten und nicht zuletzt der 1990 errungene Kölner
den USA. Die in Dietrichs Bauten aufscheinende Sicherheit im Umgang mit Stahl hat nicht Architekturpreis befestigten ihren Ruf. Nach Lehraufträgen in Siegen und Berlin und einer
wenig mit der überragenden Kenntnis der Metalle zu tun, die sie sich damals aneignen Vertretungsprofessur in Aachen wurde sie schließlich 1998 für das Fach Entwerfen an die
konnte. In der Phase des Suchens hatte zeitweise auch die Musik ihren Platz, was dazu Fachhochschule Dortmund berufen. In einem konventionellen Architektenporträt wäre
führte, dass sie sich in Wien in Violine und Bratsche ausbilden ließ. Eigene Ersparnisse damit das Wesentliche berichtet, nicht jedoch bei Verena Dietrich. Ihr Freiheitsdrang ließ
ermöglichten ihr ab 1969 das Architekturstudium an der Fachhochschule in Innsbruck, wo sie nicht nur zur Feministin werden, sondern auch zur Pionierin und Aktivistin unter den
Othmar Barth ihr wichtigster Lehrer war. Die Architektur empfand sie schon bald als eine Architektinnen. Schon früh hatte sie den subtilen Widerstand von Kollegen kennengelernt,
Opfer fordernde Berufung: „(Ich) entscheide ... mich unter Tränen gegen Ehe und Kinder, die sie spüren ließen, dass Frauen nicht wirklich willkommen seien. Während der „unfrei-
für die Architektur“, notierte sie 1973 im Tagebuch. Nach dem 1975 abgelegten Diplom zog en“ Jahre erkannte sie die Erfahrung, dass sie als angestellte Architektin auch mit exzel-
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