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r DRESDEN


                   bis 03.03.19 Gegen die Unsichtbarkeit – Designerinnen der Deutschen Werk -
                   stätten Hellerau 1898 bis 1938. Diese Ausstellung kommt genau zur richtigen                        PURE            IS3
                   Zeit. Nicht nur, dass „Gegen die Unsichtbarkeit“ kurz vor dem großen Bauhaus-
                   Jubiläum 2019 daran erinnert, dass auch Dresden dank Hellerau ein wichtiger
                   Ort der Moderne in Deutschland war. Die von Klára Nemecková für das Kunst -      READY. SIT. GO!
                   gewerbemuseum Dresden kuratierte Schau schließt zudem passgenau an die
                   aktuellen Diskussionen um Chancengleichheit für Frauen an. Denn die Besucher
                   verlassen die Räume im Japanischen Palais mit der Erkenntnis: Wir waren schon
                   mal  weiter. Oder   genauer: Einer  war schon mal  weiter. Karl Schmidt, der
                   Gründer der Deutschen Werkstätten Hellerau, beauftragte von Anfang an glei-
                   chermaßen Männer und Frauen als Gestalter. Und er zahlte ihnen dieselben
                   Lizenzgebühren. „Schmidt war ein Visionär“, sagt Tulga Beyerle, die Direktorin
                   des Kunstgewerbemuseums. „Er machte keinen Unterschied zwischen Mann
                   und Frau.“ Umso dringlicher die Frage,  warum man die Geschichte dieser
                   Frauen trotzdem vergessen hat. Namen wie Else Wenz-Viëtor, Ulla Schnitt-Paul,
                   Gertrud Kleinhempel oder Margarete Junge sind, wenn überhaupt, nur Experten
                   be kannt. Die Möbel, Gefäße, Stoffe, Tapeten oder Interieur-Entwürfe, die in der
                   Ausstellung zu sehen sind, erklären das Verschwinden jedenfalls nicht – sie ste-
                   hen denen der männlichen Zeitgenossen in nichts nach. Einflüsse der Wiener
                   Moderne oder des Art déco sind unverkennbar. Ausschnitte aus Katalogen,
                   Briefen und Zeitschriften belegen: Die Arbeit der Frauen wurde damals sehr
                   wohl wahrgenommen. Anhand alter Abrechnungen hat Nemecková herausge-
                   funden, dass Else Wenz-Viëtor mit ihren Hellerau-Produkten ähnlich viel ver-
                   diente  wie etwa Richard Riemerschmid. In einem Beitrag für den Aus -
                   stellungskatalog diskutiert Mary Pepchinski, warum die Designerinnen dennoch
                   „verschwanden“. Seitens der (männlichen) Kunstkritik schlug ihnen  viel Ab -
                   lehnung entgegen, wie Pepchinski mit Zitaten belegt. Ein anderer Grund: Die
                   Nachlässe der Frauen wurden nicht aufgearbeitet oder sie gingen in den Nach -
                   lässen ihrer Ehemänner auf. Bestes Beispiel: Ulla Schnitt-Paul und der ungleich
                   bekanntere Bruno Paul. Mit der gut gestalteten Schau ist nun der erste Schritt
                   getan, diese historischen Ungerechtigkeiten zu korrigieren. „Für uns hat sich die-
                   ses Abenteuer auf jeden Fall gelohnt“, sagt Tulga Beyerle. „Wir hoffen, dass wir
                   damit anderen eine Anregung geben können.“                           Jasmin Jouhar

                   Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunstgewerbemuseum
                   Japanisches Palais, Palaisplatz 11, 01097 Dresden
                   www.skd.museum





                                                                                  Design: B4K Andreas Krob + Joachim Brüske










                Foto: SKD, Klemens Renner







                                                                                 INTERSTUHL.COM/PURE
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