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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION
BEERDIGUNGSINSTITUT
EXIT HERE IN LONDON
Entwurf • Design Transit Studio, GB-London
Mit Tabus rund um den Tod brechen, die Umgebung für Trauernde so
zugänglich und tröstlich wie möglich gestalten – das war die Intention
des Bauherrn. Der Architekt war von dem ungewöhnlichen Auftrag,
die Zukunft von Bestattungsinstituten neu zu denken, sofort angetan.
Zuvor hatten beide gemeinsam ein Restaurant eingerichtet, ähnlich le-
benszugewandt sollte auch das Konzept für Exit Here ausfallen.
von • by Petra Stephan
O liver Peyton war in den 1990er-Jahren einer der Könige des Londoner Nachtlebens,
um sich anschließend der Gastronomie zu widmen. Als er 2019 für den Umbau des
Royal Academy-Cafés gestalterische Unterstützung suchte, entschied er sich für Ben Ma-
sterton-Smith und dessen Architekturbüro Transit Studio. Das Café bringt inzwischen
Farbe und frischen Wind in die altehrwürdigen Mauern der Academy und erweist sich
als sehr erfolgreich. Peytons nächstes Projekt, das er Masterton-Smith vorschlug war „so
außergewöhnlich, dass ich nicht Nein sagen konnte“, erinnert sich der Chef von Transit
Studio. Bestattungsunternehmen zeitgemäß gestalten, lautete der Auftrag. Sie zugängli-
cher machen, tröstend und ermutigend, den trauernden Angehörigen in schwerer Zeit
eine lebensbejahende Umgebung bieten, in der persönliche Betreuung leichter fällt als
in düsterer, bürokratischer Atmosphäre. Die Idee war, durch die Schaffung eines häusli-
chen Umfelds eine beruhigende Wirkung zu erzielen. Hell, licht und freundlich wirken
die Räume bereits beim Eintritt. Im Inneren erschließt ein breiter, geschwungener Flur
zwei abgetrennte Besprechungsräume – der größere als Wohnzimmer, der kleinere als
Esszimmer gestaltet – und den Abschiedsraum. Die Mischung aus modernen und Vin-
tage-Möbeln sowie fröhliche Farben und helle Holzböden weckt Assoziationen an ein
sonnig-heiter eingerichtetes Zuhause. Und selbst die durch die große Schaufensterfront
bedingte Offenheit lässt sich mittels einer Holzlamellenwand regulieren, ohne die Atmo-
sphäre zu verdüstern. Nichts erinnert den Besucher an den traurigen Anlass, selbst die
angebotenen Särge und Urnen wurden einer gestalterischen Überarbeitung unterzogen.
Mit einem klaren symmetrischen Aufbau, kräftigen leuchtenden Farben oder handgemal-
ter Ornamentik scheinen sie eher dem Leben als dem Tod zugewandt. „Wir hoffen, dass
unsere Arbeit dazu beitragen kann, Einstellungen und Tabus in Bezug auf den Tod abzu-
bauen, damit die Menschen letztendlich wirklich wählen können, wie sie erinnert und
gefeiert werden möchten,“ erklärt Masterton-Smith. Oliver Peyton arbeitet inzwischen an
coolen Begräbnis-Songs, um dem Thema Bestattung noch mehr Leben einzuhauchen.
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