Page 76 - AIT0920_E-Paper
P. 76
VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION
BRAUTMODEN SEDKA
NOVIAS IN PETRER
Entwurf • Design Pablo Muñoz Payá Arquitectos, ES-Petrer
Glaubt man dem deutschen Privatfernsehen, sind Braut- und Trau-
moden-Geschäfte zwar oft Orte „zwischen Tüll und Tränen“, aber
nur selten von hoher gestalterischer Qualität. Mit seinem Entwurf für
Sedka Novias im spanischen Petrer hat der vor Ort ansässige Archi-
tekt Pablo Muñoz Payá nun bewiesen, dass sich Brautkleider und
Hochzeitsanzüge auch ohne Kitsch und Klischee verkaufen lassen.
von • by Dr. Uwe Bresan
M it knapp 1.400 Quadratmetern Verkaufsfläche auf drei Ebenen ist Sedka Novias
eines der größten Traumoden-Geschäfte Spaniens. Beheimatet ist es in einer um-
gebauten Gewerbehalle im Süden von Petrer, einer 35.000-Einwohner-Stadt im Hinter-
land von Alicante, im Südosten der iberischen Halbinsel. Ein Autobahnzubringer und
schier unbegrenzte Parkplätze direkt vor der Tür mögen den Standort mitten im Gewer-
begebiet nicht unbedingt zum romantischsten Flecken der Erde machen – fürs Geschäft
bieten sie allerdings beste Voraussetzungen. Bis zu 20 zukünftige Bräute und Bräutigame
samt dem heute üblichen, vielköpfigen Anhang aus Freunden und Familie können gleich-
zeitig versorgt werden. Entsprechend viele Umkleidekabinen sind zur Hand. Sie verteilen
sich über alle Geschosse hinweg um das gemeinsame, kreisrunde Atrium und verfügen
jeweils über einen mit gepolsterten Sitzbänken ausgestatteten Vorraum für den erwähn-
ten Anhang sowie einen großzügigen Umkleide- und Vorführbereich. Die jeweils zustän-
digen Mitarbeiter können nahezu alle Umkleiden zudem direkt von den angrenzenden
Vorbereitungsflächen aus betreten. Zur Infrastruktur des Hauses gehören darüber hinaus
eine Änderungsschneiderei, ein großes Lager sowie Büro- und Sozialräume. Geplant und
realisiert hat all das der in Petrer beheimatete Architekt Pablo Muñoz Payá. Ohne Skrupel
ist er der vorgefundenen Industriehalle zu Leibe gerückt. Die verfügte bereits über ein Un-
tergeschoss, das lediglich umgebaut und durch eine Anlieferungsrampe ergänzt werden
musste. Den zweigeschossigen, offenen Hallenraum darüber teilte Muñoz Payá hingegen
durch eine neu eingebrachte Geschossdecke in der Höhe. Die neue Fassade entstand aus
mikroperforierten, weiß- und goldeloxierten Wellblechtafeln. Sie verleihen der Hülle eine
fast textile Wirkung – man könnte sagen: gleich einem Brautkleid. Das Highlight des Um-
baus schuf der Architekt allerdings im Inneren mit einer in zwei weiten Kreisen durch
das offene Atrium schwingenden Treppe. Sie zeichnet mit ihren goldenen Treppenwan-
gen und -geländern eine höchst poetische Geste in den Raum: das Bild zweier sich in-
einander verschlingender Trauringe. Und spätestens hier sagen auch wir: Ja, ich will!
076 • AIT 9.2020