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WOHNEN  •  LIVING

































            DACHAUSBAU URBAN BEACH

            IN KÖLN



            Entwurf • Design Kalhöfer-Korschildgen Architekten, Köln


            Dass ausgerechnet ein dunkler, niedriger Dachboden Licht in ein
            geräumiges Reihenmittelhaus aus den 1950er-Jahren bringen kann,
            haben Kalhöfer-Korschildgen Architekten mit dem Dachausbau
            Urban  Beach  in  Köln  bewiesen.  Mittels  beweglicher  Elemente
            dient der strahlend weiße Allraum einer dreiköpfigen Familie als
            Platz an der Sonne, kleiner Privatpool oder Schlafzimmer.



            von • by Petra Stephan
            D   as zweigeschossige Reihenmittelhaus unweit der Kölner Innenstadt hat viele Vor-
                teile. Die Lage in einer aufgelockerten Siedlung aus der Nachkriegszeit, das umge-
            bende Grün und der großzügige Grundriss erwiesen sich als ideal für die dreiköpfige Fa-
            milie. Einziger Wermutstropfen: Es ist relativ dunkel – wegen der kleinformatigen Fenster
            zur Straße und des hohen, dichten Baumbestands im Garten. Bauliche Änderungen
            schienen keine Lösung zu sein, die Siedlung und das Haus stehen unter Denkmalschutz.
            Einzig der bislang als Abstellfläche genutzte Dachraum ist davon ausgenommen und bie-
            tet überdies einen freien Blick über die hohen Bäume hinweg und dadurch Sonnenein-
            strahlung bis in den Abend hinein. Allerdings begrenzten die Dachneigung von 32 Grad,
            die geringe Raumhöhe, fehlende Kniestöcke und die denkmalpflegerische Auflage, nur
            kleinformatige Dachöffnungen zuzulassen, den Entwurfsspielraum. Die Herausforderung
            bestand darin, die räumlichen und rechtlichen Restriktionen zu kompensieren und einen
            offenen, zum Himmel orientierten Raum mit vielfältigen Nutzungen und intensiven At-
            mosphären zu anzubieten – Assoziationen an einen urlaubsartigen und sonnendurchflu-
            teten Ort waren ausdrücklich erwünscht. Dazu wurde der schwimmende Estrich durch
            einen Epoxidharzboden ersetzt und die alte Einschubtreppe durch einen neuen Treppen-
            aufgang. Zwei Dachflächenfenster, die sich im 90-Grad-Winkel aufstellen lassen, wurden
            eingebaut sowie neben dem Technikraum ein außen verspiegeltes, innen monochrom
            blau gestrichenes WC. Die strahlend weißen Decken- und Bodenflächen reflektieren das
            von Südwesten einfallende Tageslicht, das durch die Verglasung der Bodenluke noch den
            Flur darunter belichtet, nachts beleuchten in die Verkleidung der Knaggen eingebaute
            Lichtbänder den atmosphärischen Allraum. Zwei mobile, geometrisch an die Dachform
            angepasste Stahlelemente lassen sich entlang der Dachschrägen verschieben und erzeu-
            gen einen variablen Grundriss – vom Aufenthaltsraum mit Balkon über Badezimmer mit
            Himmelsblick bis zum Schlafzimmer ist alles einzeln oder gleichzeitig möglich. Und was
            nicht gebraucht wird, parkt dekorativ stoffverhüllt und platzsparend an der Giebelwand.

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