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Foto: Musée Atelier Audemars Piguet, image courtesy of Audemars Piguet Foto: Giovanni Emilio Galanello
In Vorfreude aufs Reisen
Berge, Wiesen, Gebirgsbäche und sehenswerte Architektur locken in die nahe gele- Mountains, meadows and architecture well worth seeing attract to nearby Switzer-
gene Schweiz. Doch wann wir unsere europäischen Nachbarn wieder besuchen kön- land. Yet when we shall be allowed to visit our European neighbours is uncertain.
nen, ist gerade noch unklar. Geduld und Zeit sind hier gefragt. Die hatten die Bewoh- Patience and time are required here. This is what the inhabitants of a secluded high
ner eines abgeschiedenen Jurahochtals neben eisenhaltigem Gestein Mitte des 19. valley no doubt had in the middle of the 19th century besides ferrous rock and thus,
Jahrhunderts wohl vor allem, und so begannen die Freunde Louis Audemars und Ed- in 1875, the friends Louis Audemars and Edward-Auguste Piguet started developing
ward-Auguste Piguet 1875 im schweizerischen Le Brassus mit der Entwicklung kompli- complicated watches in Le Brassus. In an iconographic building – the light-flooded
zierter Uhren. In einem ikonografischen Gebäude – die lichtdurchflutete Doppelspirale double spiral of the Musée Atelier Audemars Piguet by BIG reminds of a watch spring
des Musée Atelier Audemars Piguet von BIG erinnert an eine Uhrenfeder – gibt die Ma- – and, as of June, the manufacture gives an insight into its history and production.
nufaktur ab Juni diesen Jahres Einblick in ihre Geschichte und Produktion. Atelier On a round trip, Atelier Brückner from Stuttgart takes the visitors through the tem-
Brückner aus Stuttgart führt die Besucher auf einem fließend getakteten Rundgang poral and technical development of the art of watchmaking from the historic original
durch die zeitliche und technische Entwicklung der Uhrmacherkunst vom historischen building to the heart of the exhibition and the “Grandes Complications”.
Ursprungsgebäude bis hin ins Herz der Ausstellung zu den Grandes Complications. www.big.dk · www.atelier-brueckner.com · www.museeatelier-audemarspiguet.com
LIEBE MUSEUMSBESUCHER ...,
... in der Frage, zu welchem Zeitpunkt und nenraumgestaltung als kulturelle Lei- halb erstrebenswert waren, weil viele
in welcher Form wir schmerzlich ver- stung, die in ihren besten Beispielen seis- Menschen in weit weniger aufgeräumten
misste Aktivitäten außerhalb unserer eige- mografisch auf gesellschaftliche und wirt- Verhältnissen leben mussten. Oder die 33-
nen vier Wände wieder aufnehmen kön- schaftliche Veränderungen reagiert. Auf Quadratmeter-Wohnung in Madrid, 2017
nen, ist die Bandbreite der Wünsche groß. den ersten Blick lässt sich die Schau als vom Architekturbüro Elli mit Einbauten
Der Besuch einer interessanten Ausstel- rein ästhetisches Vergnügen konsumieren: und transformierbaren Elementen raffi-
lung gehört für mich unbedingt dazu. Als Großformatige Fotos und Filme porträtie- niert ausgebaut: Nur wenige wohnen
„Dritte Orte“ vermögen Galerien und Mu- ren die Interieurs so unterschiedlicher wohl freiwillig auf so kleiner Fläche, wenn
seen, Themen in neuen Zusammenhän- Projekte wie Ludwig Mies van der Rohes die Immobilienpreise sie nicht dazu zwin-
gen zu präsentieren und kritisch zu be- Haus Tugendhat, Karl Lagerfelds Mem- gen. Umgekehrt verdeutlicht die Ausstel-
leuchten – vor allem in Krisenzeiten ein Foto: Ludger Paffrath phis-Apartment oder Cecil Beatons Land- lung, welchen Einfluss einzelne, bahnbre-
wichtiger Beitrag zur Meinungsvielfalt. Un- sitz Ashcombe. Möbelstücke, Modelle und chende Interieurs auf die Art haben, wie
sere Korrespondentin Jasmin Jouhar hat Moodboards vermitteln einen Eindruck wir heute wohnen. Kein offener Grundriss
kurz vor dem Shutdown in der Ausstel- bis 28.02.2021: Home Stories. 100 Jahre, von Stilen und Atmosphären. Wohnen ist ohne das Raumkontinuum der Villa Tu-
lung „Home Stories. 100 Jahre, 20 visio- 20 visionäre Interieurs. Essen, Trinken, immer auch Ausdruck der eigenen Identi- gendhat, kein Loft-Wohnen ohne Andy
näre Interieurs“ ebendiese aktive Ausein- Wohnen: Ein Dach über dem Kopf zu tät – falls man es sich leisten kann. Doch Warhols Silver Factory. Auch Ikea mit sei-
andersetzung mit dem Thema Wohnraum haben gehört zu unseren Grundbedürfnis- auf den zweiten Blick treten größere Zu- nem Anspruch, Design für die Massen zu
wiedergefunden. Ihren Blick auf einen sen und ist als Menschenrecht anerkannt. sammenhänge hervor: Wie Alison und produzieren, hat seinen Platz in der
Ort, an dem wir gerade die meiste Zeit In Zeiten steigender Mieten und Immobi- Peter Smithson den Fortschrittsoptimis- Schau. Und wer richtig eintauchen will in
verbringen, möchten wir Ihnen nicht vor- lienpreise hat die Öffentlichkeit (wieder) mus der Nachkriegszeit in ihrem techni- historische Interieurs, kann die „Visiona
enthalten. Mittlerweile kann man die ver- entdeckt, dass das Wohnen keinesfalls sierten „House of the Future“ von 1956 zu 2“-Wohnlandschaft von Verner Panton
längerte Schau wieder analog im Museum Privatsache ist, sondern eminent politisch. einem heute amüsant wirkenden Szena- und das Wohnmodul „Hexacube“ von
genießen – perfekt eingestimmt von der Genau zur richtigen Zeit kommt da die ak- rio verdichteten. Eine im Original aufge- Georges Candilis und Anja Blomstedt
während der temporären Schließung ent- tuelle Ausstellung im Vitra Design Mu- baute „Frankfurter Küche“ erinnert daran, sogar betreten. Jasmin Jouhar
wickelten digitalen Initiative #VDMHome- seum in Weil am Rhein. „Home Stories. dass in den 1920er-Jahren quasi industria- Vitra Design Museum, Charles-Eames-Straße 2,
Stories. Ihre Katharina Diemair 100 Jahre, 20 visionäre Interieurs“ zeigt In- lisierte Abläufe im Haushalt schon des- Weil am Rhein, www.design-museum.de
012 • AIT 6.2020