Page 130 - AIT0619_E-Paper
P. 130

BAR HOTEL RESTAURANT


































               BOSCH MITARBEITER-

               RESTAURANT IN GERLINGEN


               Entwurf • Design Schleicher.Ragaller Architekten, Stuttgart



               Vor genau 55 Jahren fällte Bosch die Entscheidung, das enge Korsett
               der Stuttgarter Innenstadt zu verlassen und die Unternehmenszen-
               trale auf die grüne Wiese zu verlegen. Auf der Schillerhöhe bei Ger-
               lingen entstand damals ein neuer Campus. Das Stuttgarter Architek-
               turbüro Schleicher.Ragaller hatte nun die Aufgabe, das in den späten
               1960er-Jahren entstandene Mitarbeiterrestaurant neu zu gestalten.



               von • by Dr. Uwe Bresan
               S  eit Mitte der 1960er-Jahre residiert die Unternehmenszentrale der Robert Bosch
                  GmbH auf der Schillerhöhe, einem grünen Höhenzug am Rande der Stadt Gerlingen,
               knapp zehn Kilometer von Stuttgart entfernt. Hier versteckt sich der Industriegigant förm-
               lich im Wald. Die heterogene Bebauung – sie stammt im Kern aus den 1960er- und
               1970er-Jahren – gruppiert sich locker um einen zentralen, grünen Campus, dessen Nord-
               seite der breit gelagerte, eingeschossige Bau des Mitarbeiterrestaurants besetzt. Das Ge-
               bäude stammt aus dem Jahr 1968 und orientiert sich sichtlich an repräsentativen Hallen-
               bauten des International Style wie Mies van der Rohes Crown Hall in Chicago oder des-
               sen Berliner Nationalgalerie. Durch seine geschosshohen Glasfassaden verbindet sich der
               offene Innenraum nach allen Seiten mit den umliegenden Wald- und Grünflächen. Eine
               geplante Kapazitätserweiterung auf 1.300 Essen pro Tag, neue Brandschutzbestimmun-
               gen sowie bauliche Anpassungen im Hinblick auf das Thema Barrierefreiheit machten
               zuletzt eine Neugestaltung des Mitarbeiterrestaurants – „unter Beibehaltung der äußeren
               Erscheinung“ – notwendig. Beauftragt wurde damit das Stuttgarter Architekturbüro von
               Domenik Schleicher und Michael Ragaller. Nach der Entkernung wurde ein neuer, sehr
               dunkler Terrazzo-Estrich verlegt und die komplette Decke schwarz „weggestrichen“. Mit
               einfachen Mitteln gelang es so, den vorhandenen Außenbezug des Gebäudes noch ein-
               mal zu stärken und den Blick ins Grüne letztlich zum alles beherrschenden Gestaltungs-
               element zu machen. Dem ordnen sich auch die neuen Einbauten unter. Weiß lackiert,
               sanft gerundet und präzise gearbeitet, haftet ihnen nichts Geschmäcklerisches oder Mo-
               disches an. Sie sind stille, zeitlose Diener im besten Sinne und künden damit auch vom
               Selbstverständnis des schwäbischen Weltmarktführers. Je nach Situation nehmen sie die
               unterschiedlichsten Funktionen auf – von der Garderobe über die Essensausgabe, den
               Front-Cooking-Bereich bis zur neuen, zentral angeordnete Spülküche mit Tablettrück-
               gabe. Licht, Wanduhren, Menüanzeigen und Bezahlautomaten sind elegant in die Wand-
               flächen integriert. Abgerundet wird der wertige Ausbau durch ein solides Mobiliar.


               130  •  AIT 6.2019
   125   126   127   128   129   130   131   132   133   134   135