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SERIEN IKONEN BEWOHNEN • LIVING IN ICONS
Adolf Gustav Schneck
Foto: privat, Familienbesitz
1883 geboren in Esslingen/Neckar 1897–1900 Sattler- und Polstererlehre im väterlichen Betrieb 1900–1907 Wanderzeit und Besuch der Kunstgewerbeschule Basel 1907–12 Studium Kunstge-
werbeschule Stuttgart 1912–19 Architekturstudium Technische Hochschule Stuttgart ab 1919 Architekt und Möbeldesigner 1923 Professor für Möbelbau 1926/27 Typenmöbelprogramm „Die billige
Wohnung“ 1927 vier Häuser im Rahmen der Weißenhofsiedlung 1929 Haus auf der Alb 1945 stellvertretender Rektor 1946 Rektor der Stuttgarter Kunstakademie 1971 gestorben in Schmiden
T
Vom Treppenhaus geht es in den Gästetrakt. • From the staircase into the guest wing.
werklich solide, aber so wenig außergewöhnlich, dass er, als ein anderes Unterneh-
men einen nahezu identischen Stuhl auf den Markt brachte, sein Urheberrecht nicht
durchsetzen konnte. Schnecks Position zeigt sich 1928 im vierten Baubuch, „Der
Stuhl“. Im Gegensatz zu den Brüdern Rasch, die im selben Jahr in einer Publikation
unter demselben Titel ausschließlich moderne Konstruktionen vorstellen, behandelt
er das gesamte Spektrum vom traditionellen, handwerklich gefertigten Möbel bis hin
zum Freischwinger. „Das Möbel als Gebrauchsgegenstand“ hieß 1923 sein erstes
Buch. Vierzig Jahre lang waren seine Möbelbücher immer sehr beliebt, auch in der
NS-Zeit. Während Georg Goldstein, der Direktor der DGK und damit Auftraggeber des
Hauses auf der Alb, in Auschwitz ermordet wurde, schaffte es Schneck, unter Kür-
zung seiner Bezüge und bei Eintritt in die NSDAP 1937, als Professor der Kunstgewer-
beschule im Amt zu bleiben. Als sie kurz vor Kriegsende mit der Akademie vereinigt
wurde, stieg er sogar zum stellvertretenden Rektor, nach dem Krieg sogar zum Rektor
auf. Als Mitläufer mit einer Mindestgeldbuße bedacht, erstritt er dann eine rückwir-
kende Nachzahlung seiner gekürzten Bezüge.
Heute bevölkern Schulklassen das renovierte Gebäude
Das Haus auf der Alb, seit 1983 unter Denkmalschutz und im Besitz des Landes,
wurde Ende der 1980er-Jahre unter Leitung des Nürtinger Architekten Helmuth Kuby
mustergültig renoviert. Er erhielt soweit irgend möglich den Originalzustand, bis hin
zur Farbgebung der Treppenhäuser. Lediglich Bäder wurden in die Einzimmerapart-
ments eingebaut, die ursprünglich in einem kleinen, durch einen Vorhang abtrenn-
baren Eingangsbereich nur einen Waschtisch enthalten hatten. Heute bevölkern
Schulklassen das Gebäude, das aber auch für Tagungen angemietet werden kann.
Während die Modernität der Architektur für Aufmerksamkeit sorgt, würde sich der
durchschnittliche Urlauber mit dem damaligen Standard sicherlich nicht mehr zu-
frieden geben, den Schneck so definierte: „Schaffen wir uns also eine ehrlich gestal-
tete und anständige Umgebung, die frei ist von allem falschen Schein und ihre Stärke
ebenso in der sachlich gebauten Form wie in ihrem Gehalt bietet.“
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