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ÖFFENTLICHE BAUTEN  •  PUBLIC BUILDINGS LITERATUR • LITERATURE

              LITERATUR










               Passend zu unserem aktuellen Heftthema – Öffentliche Bauten – stellen wir auf dieser Seite vier Neuerscheinungen vor. Sie alle
               beschäftigen sich mit historischen Beispielen der Nachkriegszeit – mit dem Berliner Kino International aus dem Jahr 1963, den euro-
               päischen Stadt- und Kongresshallen der 1960er- und 1970er-Jahre, der Bochumer Ruhr-Universität von 1965 sowie der 1961 rekon-
               struierten Stadthalle von Hannover. Auf ihre je eigene Art beantworten sie die heute so drängende Frage nach dem richtigen Um -
               gang mit dem baulichen Erbe des mittleren 20. Jahrhunderts.
                                                                                   Alle Titel sind unter www.fachbuchquelle.de erhältlich.


























               Das Kino International in Berlin  Bauen für die Massenkultur  Ruhr-Universität Bochum       Kuppelsaaltraum


               1963 entstand mit dem „Kino In ternatio -  Als die Trümmer des Krieges beiseitege -  Sie ist der Inbegriff (und das Schreckge -  Der Kuppelraum des Pan the ons in Rom
               nal“ an der Berliner Karl-Marx-Allee das  räumt waren und alle Men schen wieder  spenst) der bundesdeutschen Massen uni -  stand Pate, als Paul Bonatz in den Jah ren
               Pre mierenkino der DDR. Entworfen wur de  ein Dach über dem Kopf hatten, be gann  versität – die Ruhruniversität am Bo chu -  vor dem Ers ten Weltkrieg die Stadt halle
               der dreigeschossige Stahlbetonske lett bau  die große Zeit der Stadt- und Kon gress hal -  mer Stadtrand. Anfang der 1960er-Jahre  in Hanno ver ent  warf. Schnell wurde der
               von Josef Kaiser und Heinz Aust, die be -  len. Überall in Europa schossen sie in den  nach den Plänen von Hentrich, Petschnigg  mächtige Rund bau zu einem Wahrzei -
               reits das „Kino Kosmos“ sowie das „Café  1960er- und 1970er-Jahren wie Pilze aus  & Partner entstanden, nahm sie 1965 ih -  chen der Stadt und gilt mit seinen 3.600
               Moskau“ an der Ost berliner Pracht straße  dem Boden und wa ren Ausdruck sowohl  ren Betrieb auf und kam schon bald da -  Sitz plätzen noch heute als einer der
               verantworteten. Wie die Vor gän ger bauten  des wirtschaftlichen Aufschwungs als  nach in Ver ruf. Schuld wa ren ihre abseiti-  größten Konzertsäle Europas. Von der
               entstand auch das „In ternatio nal“ in ei -  auch eines neu erwachten bürgerlichen  ge Lage, ihre schiere Größe und – nicht  einstigen Innen raum ge staltung ist heute
               nem dezidiert mo der nen Stil. Be sonders  Be wusstseins. Heute hingegen sind die  zuletzt – ihre schroffe Beton ästhetik. Da  je doch kaum mehr et was spürbar, nach-
               auffällig ist das große, zur Straße hin  großen Mul tifunktions zentren ein Problem.  half es auch nichts, dass die Planer ein  dem die Halle bei ei nem Luft angriff in
               raum hoch verglaste Foyer im ersten Ober -  Unterhalt und Be trieb machen den Kom -  einzigartiges Frei raumkonzept mit Plät zen,  den 1940er-Jahren schwer beschädigt
               geschoss, das weit über den Eingangsbe -  munen zu schaffen. Dazu kommt, dass  We gen, Park- und Wasserflächen vorgese-  wurde. Im Wie derauf bau verzichtete man
               reich auskragt und vor allem nachts das  viele der Gebäude stark sanierungsbedürf-  hen hatten und die Schulbauten mit zahl-  auf eine Re konstruk tion der mächtigen
               Gebäu de weithin sichtbar macht. Mit der  tig sind. Der von Olaf Gisbertz herausgege-  losen Kunst werken schmückten. Die nun  Kassetten-Kuppel und schloss den Raum
               Wende verlor das „Inter national“ seine  bene Essayband „Bauen für die Mas sen -  vorliegende Mono grafie – sie er schien zum  hingegen mit einer flachen Decke ab.
               Funk tion als staatliches Premierenkino.  kul tur“ versammelt nun knapp zwei Dut -  50. Ju bilä um der Schule im vergangenen  Diesen „Feh ler“ will der Architekt Jörg
               Gleichwohl fand sich ein neuer Betreiber,  zend Beiträge zum The ma. Bauhistoriker  Jahr – versucht einen objektiven Blick auf  Friedrich heute am liebsten korrigiert
               der das mittlerweile un ter Denk mal schutz  aus ganz Europa gehen darin dem Phä -  die Bau- und Rezeptions ge schichte des  wissen und hat mit dem vorliegenden
               stehende Haus bis heute bespielt. Diet rich  no men der Stadt- und Kongresshallen auf  Bo chumer Cam pus´ zu werfen und die  Band ein Plädoyer für eine zeitgemäße
               Worbs lässt nun die Historie des „In ter -  den Grund. Sie fragen nach den ge schicht -  Bauten trotz aller ihrer offenkundigen  Rekonstruktion als Phil harmonie gestal-
               national“ Revue passieren und verknüpft  lichen Rahmen bedingungen, den architek-  Schwächen in ihrer herausragenden Be -  tet. So liefert das Buch neben einer de -
               auf unterhaltsame Art und Weise Bau-,  tonischen Qua litäten und zeigen Möglich -  deutung für die deutsche Nachkriegsarchi -  taillierten Bauge schichte des Saals auch
               Film- und Zeitge schichte miteinander.    keiten des zu künftigen Umgangs auf.      tek tur angemessen zu würdigen.      eine Reihe möglicher Umbauszenarien.

               Das Kino International in Berlin  Bauen für die Massenkultur: Stadt- und Kongresshallen  Ruhr-Universität Bochum: Architekturvision der Nach kriegs -  Kuppelsaaltraum: Eine Philharmonie für Hannover
               Von Dietrich Worbs. Er schie  nen 2015 im Gebrüder   der 1960er- und 1970er-Jahre. Herausgegeben von Olaf  moderne Herausgegeben von Richard Hoppe-Sailer. u.a.  Herausgegeben von Jörg Friedrich. u.a. Er schie  nen 2014
               Mann Verlag, Berlin. Deutsch. Softcover . 160 Seiten.   Gisbertz. Er schie  nen 2015 im Verlag Jovis, Berlin. Deutsch.  Erschie  nen 2015 im Gebrüder Mann Verlag, Berlin. Deutsch.  im Verlag Jovis, Berlin. Deutsch. Hard cover . 130 Seiten.
               Format 17,4 x 24,1 cm. 19,95 EUR.  Softcover . 272 Seiten. Format 16,9 x 24,1 cm. 32,00 EUR.  Hard cover . 352 Seiten. Format 23,5 x 28,7 cm. 79,00 EUR.  Format 24,8 x 30,3 cm. 25,00 EUR.
               ISBN 978-3-78612-711-6         ISBN 978-3-86859-306-8         ISBN 978-3-78612-744-4        ISBN 978-3-86859-341-9




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