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Entwurf • Design Atelier ST, Gesellschaft von Architekten, Leipzig
Bauherr • Client Möbel Starke GmbH, Schönbach
Standort • Location Beiersdorfer Str. 18, Schönbach
Nutzfläche • Floor space 784 m 2
Fotos • Photos Robert Rieger
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Im gemauerten Teil des Erdgeschosses prägen die originalen Kreuzgewölbe Sanitär- und Seminarräume. • In the ground floor, the original cross vaults characterise the sanitary and seminar rooms.
von • by Silvia Schellenberg-Thaut und Sebastian Thaut
E ingebettet in die traumhafte Naturkulisse des Landschaftsschutzgebietes Oberlau- batur und das Tragwerk zurückgeführt. Historische vorhandene Strukturen werden in den
sitzer Bergland befindet sich die kleine Ortschaft Schönbach. Neben der Idylle der
Vordergrund gestellt. Neue Elemente werden bewusst als solche gezeigt. Im Inneren
Natur sind es aber nicht zuletzt die zahlreichen Umgebindehäuser, die der Oberlausitz wurde das Fachwerk und Gebälk zu großen Teilen freigelegt und erlebbar gemacht. Zum
zu überregionaler Bekanntheit verhelfen. Bei dieser besonderen Bauweise ist der Haupt- einen, um mehr natürliches Tageslicht in das Gebäudeinnere zu transportieren und zum
raum im Erdgeschoss in einer gesonderten Holzblockbauweise errichtet und von einem anderen für ein von außen nicht zu erahnendes Raumerlebnis. Denn durch freigelegte
umlaufenden Stützensystem umgeben, das die Last von Ober- und Dachgeschoss abträgt. und rückgebaute Decken- und Wandflächen werden große Luft- und Lichträume sowie
Der Blockstube gegenüber befindet sich der Wirtschaftsbereich in Massivbauweise – zu- Galerien generiert, welche die unterschiedlichen Ebenen der Büros mit einander visuell
meist als Feldsteinmauerwerk. Hier wurden einst Stall-, Speicher- und Gewölberäume verbinden. Für die Erschließung der oberen Verwaltungsräume sorgt eine neue Treppe
untergebracht. Das Faktorenhaus in Schönbach wurde um 1785 als repräsentatives auf der Nordseite. Eine direkte Evakuierung direkt ins Freie als erster notwendiger Ret-
Wohn- und Wirtschaftsgebäude in Umgebindestruktur errichtet. Faktoren waren seiner- tungsweg ist somit gegeben. Die verwendeten Materialien und Oberflächen folgen dem
zeit Leinwandhändler, die Tuchverarbeiter mit Garnen und Ausrüstungen belieferten. Ak- Prinzip: „What you see is what you get.“ Historie und Zeitgeist geben sich dabei die Klinke
tuell nutzt erneut ein Händler das Faktorenhaus. Doch statt Leinen und Garnen handelt in die Hand. Bruchstein, Sumpfkalkschlämme und verkohltes Holz in Kombination mit
das mittelständige Unternehmen Möbelstarke mit zeitgenössischen Möbeln, Küchen und handgeschnitzten weißen Zierrahmen prägen die äußere Erscheinung.
allen dazu gehörigen Accessoires. Bürostrukturen, für den Verwaltungsapparat dieses Un-
ternehmens, sind auf den oberen beiden Ebenen arrangiert. Das Erdgeschoss als halböf- Das Umgebindehaus ist im Hier und Jetzt angekommen
fentlicher Bereich nimmt unter seinen historischen Kreuz- und Tonnengewölben Foyer,
Garderobe, Toiletten und Seminarräume auf. Nach wie vor bleibt aber das Herzstück des Im Inneren treten natürliche Lehmputze und helle Kaseinfarben, in Kontrast zu dunklen
gesamten Objektes die Blockstube. Diese wurde unter Beibehaltung ihrer historischen Rohstahl- oder spiegelnden Chromstahloberflächen, wie zum Beispiel als Tresen in der
Struktur in einen atmosphärische Gastraum mit offener Küche und Kamin überführt. Pausenlounge. Für die Böden der Büros und Besprechungsräume wurden schallabsor-
bierende, anthrazitfarbene Teppichböden eingesetzt. Alle anderen Flächen sind mit groß-
What you see is what you get! formatigen, geölten Eichendielen ausgelegt. Für die Blockstube wurden vorgefundene,
historischen Dielen des Objektes aufgearbeitet und wiederverwendet. Alle anderen öf-
Das gesamte Faktorenhaus steht als bedeutendes Kulturdenkmal unter Denkmalschutz. fentlichen Bereiche sind mit Zementfliesen ausgelegt. Alle drei Hauptgeschosse haben
Übergeordnetes Ziel war es vor diesem Hintergrund das Ursprungsbild des „Faktoren- unterschiedlich farbige Sanitärräume. Gegenüber der reduzierten Farbgebung der Grund-
hauses“ zu bewahren, es jedoch mit einer auf die neuen Nutzungen abgestimmten Ge- substanz wurden für diese untergeordneten Räume intensivere Farben wie violett, purpur
staltung zeitgenössisch fortzuschreiben. Auf dieser Basis wurde das Gebäude von sämt- und türkis gewählt. Bestehendes und Neues ergänzen sich zu einer selbstverständlichen
lichen Anbauten und später hinzugefügten Bauelementen befreit und auf seine klare Ku- Einheit. Es bleibt ein Umgebindehaus, aber eines, das im Hier und Jetzt steht.
AIT 4.2021 • 109