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Henriette Sofia Steuer

1988 geboren in Bremen 2009–2013 Innenarchitektur-Studium an
der Hochschule Rosenheim 2014–2015 Mitarbeit bei Ranger Design
2015–2017 Volontariat bei AIT seit 2018 freie Architekturjournalistin

Fotos: Ulf Duda, fotoduda

Eingestellte Raumstrukturen segmentieren die Geschosse des Core und geben dem Innenausbau einen zeitgemäßen Habitus. (1) • Added spatial elements structure the floors and lend a contemporary appearance.

ler-Schleipen kommentiert dazu allerdings: „Aus eigener Kraft kann der Markt nicht dratmeter. Abriss um des Abrisses willen ist also keine Lösung. Hinzu kommt, dass die
mehr zu einem Ausgleich finden.“ Aus diesem Grund ist in den vergangenen Jahren Energiebilanz mit noch nicht funktionierender Kreislaufwirtschaft bei Abriss und Neu-
eine Vielzahl von Initiativen entstanden, die dem Leerstand mit kreativen Konzepten bau verheerend ist. Wie Werner Schaffer, Architekt aus Flensburg, denken mittlerweile
etwas entgegensetzten wollen: Die Stadt Essen subventioniert beispielsweise Stores in viele: „Das ist nicht mehr vertretbar. Man muss versuchen, bestehende Gebäude zu nut-
bester Innenstadtlage für GründerInnen mit guten Geschäftsideen, und „Stadtlabore für zen." Weiter- und Umnutzungen sehen dabei vielfältig aus. Die Hamburg Kreativ Gesell-
Deutschland“ ist eine vom Kölner Institut für Handelsforschung konzipierte Plattform, schaft (HKG) hat sich beispielsweise der Filiale Karstadt Sport in Hamburgs Mönckeberg-
die einen umfangreichen Überblick über vakante Gewerbeflächen und mögliche An- straße angenommen. Seit Oktober 2020 finden sich hier 8000 ungenutzte Quadratmeter
mieterInnen deutschlandweit gibt, damit erst gar kein Leerstand entsteht. Dennoch, Sor- in Toplage. Bis zum 31. Dezember 2022 konnten Kreative sechs Monate lang für 1,50 Euro
genkinder bleiben die Kaufhäuser. pro Quadratmeter Kaufhausfläche nach dem Pop-up-Prinzip anmieten. „In der Innen-
stadt ist bisher wenig Kreativwirtschaft erlebbar“, so Katja Wolframm, Immobilienver-
Neues Leben für Kaufhaus-Giganten antwortliche der HKG. Dort nun „zu zeigen, welche Potenziale diese Branche hat, ist ein
schönes Angebot für alle Besucherinnen und Besucher und eine Einladung“. Es entstan-
Bis in die 1980er-Jahre dominierten Hertie, Horten und Co. die Innenstädte, dieser Tage den Ateliers und Ausstellungsflächen, Coworking Spaces und Produktionsorte sowie eine
liefert Galeria Karstadt Kaufhof mit der Ankündigung weiterer Filialschließungen wegen Fläche für ein Gaming-Festival und ein Café.
der zweiten Insolvenz innerhalb von zwei Jahren den Beweis dafür, dass die Kaufhaus-
riesen mehr als nur eine bedrohte Art sind. Vielerorts sind die Gebäudekolosse schon Die Kleinstadt als Vorreiter erfolgreicher Umnutzungen
heute nur noch Geister ihrer selbst und oft heruntergekommene Zeugen einer anderen
Zeit. Alan Posener resümierte bereits 2014 in dem Artikel „Mit Karstadt stirbt die große Ein herausragendes Umnutzungsprojekt dagegen ist das Core (ebenfalls ehemals Hertie)
Kaufhaus-Tradition“ (www.welt.de): „Shoppingmalls und Outletcenter, Mediamarkt, in Oldenburg (1), wo Angelis & Partner nicht nur als Architekten, sondern auch als Teil-
Amazon und App-Stores haben das Kaufhaus verdrängt, so wie das Kaufhaus den Ein- investoren eines lokalen Zusammenschlusses tätig wurden. „Der Anspruch“, betont das
zelhändler verdrängte.“ Ein Kreislauf scheint sich zu schließen. Oder sieht die Wirklich- Büro, „war und ist, ein neues Zentrum für Oldenburg zu schaffen, wo es um Vernetzung,
keit anders aus? Unter anderem in der Auswahl der Projekte für die Retail-Ausgaben der Austausch und Kommunikation geht. Wo früher alles auf Handel ausgerichtet war, fin-
AIT wird immer wieder sichtbar: Wertige Concept Stores mit Erlebnisfaktor bleiben in- den sich jetzt Coworking Spaces, kleine Ateliers und Geschäfte und ein großer Food-
teressant, und auch Kaufhäuser des Luxussegmentes wie das Samaritaine in Paris (AIT Court.“ Den Planern ist es nach einer umfangreichen Entkernung mit neuen Zugängen,
9.2021, Sanierung von Sanaa) oder das KaDeWe in Berlin (AIT 1/2.2022, Sanierung von Fensterfronten und einer Reihe von unterschiedlich ausgestalteten Raumstrukturen ge-
OMA) sind noch immer gefragt. Nichtsdestotrotz, die Kaufhäuser des Mittelstandes blik- lungen, die Flächen qualitativ abwechslungsreich und funktional zu gliedern und dem
ken ihrer Verwahrlosung entgegen, die nur noch zwei Optionen offenlassen: Abriss und Gebäude darüber hinaus einen zeitgemäßen Habitus zu verleihen. Die Hamburgische
Neubebauung oder Umnutzung. Die Herausforderungen einer Umnutzung sind offenkun- Stiftung für Baukultur wiederum bespielte im November 2022 unter dem Motto „Ein
dig: Schlechte natürliche Belichtung, niedrige Decken und große Flächen, die es zu struk- Monat Baukultur“ (2) 800 Quadratmeter mit zehn Ausstellungen und 47 Veranstaltungen,
turieren und akustisch wie klimatisch zu segmentieren gilt. Das alles ist komplex und die den Stadtumbau in Zeiten des Klimawandels umfangreich thematisierten. Die Aus-
nicht kostenneutral. Vielen Städten und Kommunen erscheint es da einfacher abzurei- stellungsarchitektur von dem jungen Architektenteam HBJSTS wurde dafür ganz im
ßen. So hat beispielsweise Schleswig seinen Kaufhaus-Koloss 2018 zurückbauen lassen, Sinne des kreislaufgerechten Bauens nur aus vorhandenen Materialien realisiert. Ausge-
aktuell gibt es allerdings weder Investor noch Konzept für die freigewordenen 2.000 Qua- hängte Deckenplatten wurden so zu Präsentationstafeln umfunktioniert, die genauso wie

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