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Seide
von • by Anne-Clara Stahl
www.anneclarastahl.de
Ein Netz aus fest ineinandergreifenden Händen, ab und zu ein
Gesicht, das sich darin zu verbergen scheint: Die in Öl auf Lein-
wand gefassten Gemälde „Seide“ (S. 08–09), „Fortuna“
(S. 28–29) und „Fried“ (S. 44–45) der Künstlerin Anne-Clara
Stahl zeigen eine schier endlose Verstrickung aus Berührungen
und Nähe – anfassen, umfassen, festhalten, nicht loslassen! Wie
eng sind wir selbst verwoben mit unseren zwischenmen-
schlichen Beziehungen? Was ist Zusammenhalt? Wie viel Nähe
brauchen wir? Und wann wird aus Nähe Enge? Die insgesamt
elf Bild werke umfassende Serie „Fabricius“ ist in einer Zeit ent-
standen, die weitgehend mit Kontakt- und Berührungsverlust
verknüpft ist, in der mitunter die digitale Verbindung die physis-
che verdrängt hat. In dieser Gegenwart – nämlich im Frühjahr
2021 – hat die gebürtige Düsseldorferin das Kunststudium in der
Klasse „TransArts“ an der Universität für Angewandte Kunst in
Wien mit Auszeichnung abgeschlossen. Zuvor graduierte sie im
Fach Gestaltung an der Folkwang Universität der Künste in
Essen sowie im Fach Innenarchitektur an der Technischen
Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Detmold. Mag sein, dass die
heute in Wien lebende Künstlerin schon hier das farbkomposi-
torische Geschick festigte, das sich in der ausgewogenen Poly-
chromie ihrer späteren Zeichnungen und Gemälde offenbart.
Besonders auffällig ist jedenfalls ihre Lust am Ornamentalen,
am Flächenhaften und an der Zweidimensionalität: In der Fern-
betrachtung der Werke entsteht häufig das Abbild eines fort-
laufenden, rapportierenden Musters, das inzwischen sogar
schon der österrei chischen Modedesignerin Romana Zöchling
als Vorlage für ihre ausgefallenen Kleider diente.