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BAR HOTEL RESTAURANT


































               RESTAURANT DUDDELL’S

               IN LONDON


               Entwurf • Design Michaelis Boyd Associates, GB-London



               Im Zentrum von London haben Michaelis Boyd Associates eine kuli-
               narische Destination für Fans chinesischer Küche geschaffen. Ort des
               Geschehens ist die ehemalige St Thomas’ Church, in der heute kanto-
               nesische Speisen in edlem Ambiente gereicht werden. Dunkles Holz
               und meterhohe Kirchenfenster würdigen die Geschichte, zeitgemäße
               For men und expressive Materialien beschreiben die Gegenwart.



               von • by Christine Schröder
               U   nter Gourmets genießt die britische Küche einen mäßigen Ruf und doch finden sich
                   in der Haupt stadt London zahlreiche Restaurants mit Sterne-Qualität. Diese aller -
               dings bieten meist Köstlichkeiten aus anderen Teilen der Erde. So auch das Duddell’s,
               das seit Kurzem zwischen dem 2012 von Renzo Piano erbauten Wolken kratzer The Shard
               und der London Bridge ansässig ist. Die Architekten Alex Michaelis und Tim Boyd haben
               in den Räumen der denkmalgeschützten St Thomas’ Church den ersten Ab leger des
               Sterne-Restaurants aus Hongkong entworfen. Fast 200 Jahre lang diente der 1703 von
               Thomas Cartwright errichtete Backsteinbau als Gotteshaus, wurde dann als Kapitel haus
               genutzt und später in Büroräume für ein Versicherungs un ter nehmen um ge wandelt. Ziel
               des Duos war es nun, dem Gebäude neues Leben einzuhauchen, seine sakrale Wirkung
               aufzuzeigen und dem gastronomischen Konzept einen zeitgemäßen Rahmen zu geben.
               Allgegenwärtig ist die aufwendig gearbeitete Altar rück wand in dunklem Holz, das im
               unteren Drittel entlang der Wände weiterläuft. Die Bar mit offener Dim-Sum-Küche – eine
               Spezialität des Hauses – dominiert den Gastraum als zeitgenössischer Ge gen satz. Fliesen
               in leuchtendem Türkisblau als Verkleidung, Terrazzo in zartem Rosa als Thekenplatte und
               dekorative Messingdetails als Halterung für die Gläser bilden eine imposante Raum -
               skulptur. Tageslicht fällt durch die vier Meter hohen Kirchenfenster gegenüber der Bar.
               Darunter flankiert ein blaues Ledersofa den Raum und auf der Fläche dazwischen stehen
               Tische zum Genuss der authentisch zubereiteten kantonesischen Speisen bereit. Um das
               Sitzplatzangebot zu erweitern, wurde in dem acht Meter hohen Raum eine Galerieebene
               eingezogen. Über eine rahmenlose Glas balus trade und die maß gefertigten Kron leuchter
               hinweg wird von hier aus eine weitere Perspektive auf das Ge schehen erlebbar. Wo das
               Original-Parkett nicht erhalten werden konnte, belebt ein geometrisches Muster aus ver-
               schiedenfarbigen Linoleum-Rauten den Boden und ruft ebenso wie die sorgfältig ausge-
               wählten Leuchten, die jede Zone ins rechte Licht rücken, die gewünschten Asso zi ationen
               mit Tee-Restaurants im Hongkong der 1960er-Jahre hervor.


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