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Geoffrey Bawa


                                                                                                                                          Foto: Lunuganga Trust
                1919 in Britisch-Ceylon geboren  1938 Jura-Studium in Colombo  1944 Jura-Studium in London  1945  Rechtsanwaltskanzlei in Colombo  1946–1948 Italien-Aufenthalt  1951 Lehre im
                Architekturbüro Edwards, Reid and Begg in Colombo 1953 Architekturstudium an der Architectural Association in London 1956 Diplom 1957 Aufnahme RIBA 1958 Rückkehr nach Sri Lanka,
                Übernahme Edwards, Reid and Begg 1960 Aufnahme Sri Lanka Institute of Architects 2001 Aga Khan Chairman’s Award 2003 gestorben in Colombo


















































                Foto: Katharina Matzig




                Das Haupthaus ist mitsamt den Möbeln im Original erhalten. Mit den Einnahmen finanziert der Geoffrey Bawa Trust den Erhalt.  • The main house and the furniture have been preserved in their original state.



                von • by Katharina Matzig
                N   ervosität liegt mir nicht. Doch als die Straße immer enger und holpriger wird und  unabhängigen Sri Lanka alt gewordene Archi tekt. Zeit seines Lebens liebte der aus einer
                    das Dschungeldickicht rechts und links immer wilder und undurchdringlicher, steigt
                                                                              wohlhabenden Upper-Class-Familie stammende Halbeuropäer-Halbasiate das Reisen,
                mein Stresspegel. „How far?“, frage ich den Fahrer. „No far“, antwortet er und deutet  vor allem jedoch wusste er um die Schätze seiner Heimat: Landschaft, Kultur, Tradition.
                lächelnd auf den meterlangen Bindenwaran, der uns mit seinen schmalen Echsenaugen  Den International Style studierte er in London. Doch es erschien ihm unsinnig, in
                vom Wegesrand aus beobachtet. „No dangerous, no far!“ Kurz darauf hält der Wagen vor  Colombo so zu bauen wie in Chicago. Bawa erfand stattdessen den Tropical Modernism
                einer großen Metallpforte, sie wird flankiert von zwei hübschen Torhäuschen, die mit  und plante nachhaltig und regional, lange bevor diese Begriffe zum architektonischen
                quadratischen Pyramidendächern gekrönt sind. Eines wird offensichtlich als Fahrrad -  Standard wurden. Heute gilt er als Vorreiter des ortsgemäßen, ökologischen Bauens in
                schuppen genutzt und auch das andere ist unbesetzt. Weiße Lettern auf dunklem Grund  Südwest-Asien, für sein Lebenswerk erhielt Geoffrey Bawa den Aga Khan Chairman’s
                averraten: „Lunuganga, open daily for guided tours at the following times: 9.00 am, 11.30  Award. Der Tourismus interessierte ihn besonders, für den Küstenort Bentota schuf er
                am, 2.00 pm and 3.30 pm. Please note the buildings are reserved for resident guests.“  einen Masterplan, zehn Hotels baute er in Sri Lanka. Einige davon sind fast original erhal-
                Das Tor allerdings ist verschlossen, vergeblich suche ich in der sri-lankischen Vormittags-  ten, wie beispielsweise das grandiose Kandalama Heritance Hotel im Landesinneren,
                hitze nach einer Klingel. Mein Fahrer kennt sich wieder aus: Beherzt zieht er an einer  mitten im Dschungel, manche sind heute tragisch verändert. Posthum wurde kürzlich
                hoch am Tor flügel befestigten Glocke. Einige Minuten später öffnet Sunith das Tor. Seit  erst das nur knapp eine Stunde von Lunuganga entfernte Hotelresort Anantara Kalutara
                zehn Jahren arbeitet der junge Mann in Lunuganga. Er ist barfuß und trägt einen hellen  eröffnet, das aufgrund des Bürgerkriegs und des Tsunamis statt 1993 erst 2017 fertigge-
                Sarong. Den genialen Schöpfer dieses versteckten Ortes hat er nicht mehr kennengelernt,  stellt wurde. Zimmer und Restaurants entsprechen zwar nicht mehr Bawas Plänen, das
                Geoffrey Bawa starb 2003. Doch sein Vater und sein Bruder haben den Meister noch  Haupthaus  jedoch  ist  original:  Ein  großes  Dach  spannt  sich  über  Rezeption,  Bar,
                erlebt, erzählt Sunith. 83 Jahre alt wurde der im kolonialen Ceylon geborene und im  Restaurant sowie die Geoffrey-Bawa-Bibliothek, die mit seinen Lieblings möbeln ausge-


                                                                                                                              AIT 11.2018  •  045
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