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Uwe Bresan


                1980 in Dresden geboren 2000 bis 2008 Studium der Architektur, Bauhaus-Universität Weimar 2005 bis 2006 als freier Mitarbeiter im Deutschen Architektur museum,
                Frankfurt am Main 2008 bis 2009 Zeitschriften-Volontariat bei AIT, Stutt gart seit 2010 Redakteur bei AIT, Stutt gart 2015 Dissertation am Fachbereich Architekturgeschichte
                und Denkmalpflege, Universität Siegen seit 2008 zahlreiche Veröffentlichungen zur Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts sowie zu queeren Architekturthemen






























                Fotos: Uwe Bresan




                Het Ship: Ikone des Expressionismus (1) • Icon of expressionism (1)  Westerhuis: Marcel Wanders´ Kreativlabor (2) • Wanders´ creative lab (2)  Lesesaal im Het Nieuwe Huis (4) • Reading hall in Het Nieuwe Huis (4)

                Museum untergebracht, von wo aus regelmäßig Füh run -  aus geht es nun in die In nen  stadt zum  berühmten  empfehlen. Eine Aus nah me bildet jedoch der Damp kring-
                gen durch Het Ship und weitere Wohnbauten de Klerks in  Scheepvaarthuis (6). Es wurde zwischen 1912 und 1916  Cof fee shop (10) in der Altstadt, dessen ausgefallenes In -
                der Umgebung starten. Nach dem Besuch geht es zu Fuß  von dem ebenfalls der Amster damer Schule zuzurech-  terieur – ein psychedelischer Formen- und Farbenkarne -
                durch den Stadtteil Jordaan, eine Art Prenzlauer Berg von  nenden Archi tekten Joan van der Meij als gemeinsamer  val – auch ganz ohne Dro  gen konsum berauscht.
                Amster dam, in Richtung Süden. Empfeh lenswert ist ein Ab -  Hauptsitz der  Ams ter damer Schiff fahrts gesellschaften  23.00 Uhr – Wem das Amrâth im Scheepvaarthuis zu teuer
                stecher in das Westerhuis (2). Die ehemalige Schule ge -  gebaut. Heute ist hier das Grand Hotel Am râth unterge-  und das Hilton unter der Skylounge zu spießig ist, über-
                hört dem Designer Marcel Wanders, der hier nicht nur sein  bracht. Die komplett  erhaltene, pracht volle  Einrichtung  nachtet am besten in einem der 120 unterschiedlich gestal-
                Büro und seinen eigenen Showroom unterhält, sondern  der Eingangs halle sowie des Trep pen hauses rechtfertigt  teten Zimmer des Lloyd Hotel (11). Das imposante, dreiflü-
                das Haus auch anderen Kreativen zur Verfügung stellt. Am  ohne Zwei fel die hohen  Zimmer preise. Wer  freund lich  gelige Gebäude im Hafen gebiet wurde 1920 als Un terkunft
                Roelof Hartplein, dem zweiten Ziel unserer Tour zu den  beim Portier fragt, wird aber auch ohne Gast status in die  für osteuropäische Aus wan derer  errichtet,  die  hier  auf
                Bauten der Amster damer Schule angelangt, empfiehlt sich  einzigartige, über die gesamte Ge bäu dehöhe reichende  Schiffe der Lloyd-Reederei nach Süd amerika warteten. Spä -
                zunächst ein kleiner Snack im Café Wildschut (3), dessen  Treppenhalle  vorgelassen,  die  von  einem  riesigen,  mit  ter war es Flüchtlingslager, Ge fängnis und Ju gend knast, be -
                elegantes In te ri eur noch aus der Entstehungszeit der Grand  einer Weltkarte bemalten Ober licht überspannt ist. Wer  vor es 2004 als Hotel eröffnete. Den entsprechenden Um -
                Cafés stammt. Direkt gegenüber liegt mit dem zwischen  nun auch noch seinen Aperitif stil sicher im Ge wand der  bau plan ten die Architekten von MVRDV, die den zentralen
                1927 und 1928 von Barend van den Nieu wen Amstel errich-  Amster damer Schule einnehmen möch te, dem sei das  Ge bäu deflügel bis unter das Dach entkernten und in eine
                teten Het Nieu we Huis (4) ein wichti ger Vertreter der spä-  nur wenige Schritte vom Scheep vaarthuis entfernte Café  riesige Hotellobby  verwandelten, die über  Treppen und
                ten – stärker versachlichten – Amster damer Schule. Im Erd -  Batavia (7) wärmstens empfohlen. Das Gebäude stammt  eingehängte Terrassen erschlossen wird. Die unterschiedli-
                geschoss ist eine öffentliche Bib liothek mit einem wunder-  von J. H. Slot und entstand zwischen 1918 und 1920. Das  chen Preiskategorien des Hotels (1- bis 5-Sterne) sorgen für
                baren Lesesaal un tergebracht. Auch die umliegenden Bau -  urige Lokal im Erd- und ersten Unterge schoss ist ein be -  ein angenehm un konventionelles Mit ein ander von Studen -
                ten stammen  von bedeutenden  Vertretern der Amster -  liebter After-Work-Treffpunkt.  ten, Familien und Geschäftsreisenden.
                damer Schule wie Frits Staal und Jan Boterenbrood.      20.00 Uhr – Zum Abendessen geht es danach ins Blauw
                14.00 Uhr – Nach knapp 20 Minuten Fußweg erreicht  aan de Wal (8). Das intime Lokal liegt mitten im Rot licht -  Sonntag: Das neue Amsterdam
                man vom Roelof Hartplein aus die Siedlung De Dage raad  be zirk, ist aber in einem kleinen Hinterhof versteckt. Die
                (5). Sie ist das dritte große Ensemble der Amster damer  Küche setzt auf saisonale Produkte und schonende Zu be -  10.00 Uhr – Ein weiterer Vorteil des Hotels ist seine Lage
                Schule im Umfeld der Altstadt und wurde zwischen 1918    rei tungsarten. Das 3-Gänge-Menü kostet 55 Euro. Den Ab -  am Übergang zu den alten Hafengebieten Bor neo, Spo -
                und 1931 realisiert. Am Hauptplatz der Sied lung, wo sich  sacker wiederum nimmt man am besten in der Sky lounge  ren burg, Java und KNSM Island, die in den 1990er-Jahren
                die von de Klerk und Piet Kramer geplanten Back stein -  (9) in der 11. Etage des nahe gelegenen Hilton-Hotels zu  zu modernen  Wohnquartieren umgebaut  wurden und
                bauten wie riesige steinerne Wasserfälle in den öffentli-  sich. Der 360-Grad-Blick sowohl über die Alt stadt als auch  sich für eine Erkundungstour in den Morgenstunden an -
                chen Raum ergießen, gibt es ein kleines Besucher zent -  das Hafengebiet ist gran dios. Alternativ bietet sich natürlich  bieten. Zum Frühstück geht es danach in das Grand Café
                rum, in dem man sich über die Bauge schich te des Areals  auch ein Besuch der un zähligen Coffeeshops an, die Ams -  in der Beurs van Berlage (12). Die ehemalige Handels -
                informieren kann. Be rühmt sind aber  vor allem die  terdam vor allem bei jungen Touristen so beliebt machen.  börse im Zentrum, die in keiner Architektur geschichte der
                Häuserzeilen am Henriette Ron ner plein, deren Fassaden  Die meisten der Läden sind hinsichtlich ihrer (fehlenden)  Moderne fehlt, heißt nach ihrem berühmten Architekten –
                geradezu anthropomorphische Zü ge aufweisen. Von hier  Gestaltung für Architekten und Innenarchitekten nicht zu  Hendrik Petrus Berlage – und dient heute als Veranstal -



                                                                                                                              AIT 11.2015  •  043
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