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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS

































               RATHAUS

               IN KONTICH



               Entwurf • Design plusoffice architects, BE-Brüssel


               Verwaltung  war  gestern!  Kundenservice  ist  heute!  Dieses  neue
               Selbstverständnis spiegelt das renovierte und erweiterte Rathaus
               im  belgischen  Kontich  auch  architektonisch  wider.  plusoffice
               architects ergänzten den Bestand aus den 1980er-Jahren um Struk-
               turen, die bewusst eine andere Sprache sprechen. Highlights sind
               das neue öffentliche Atrium und der Ratssaal ganz oben.



               von • by Annette Weckesser
               A   ls „adaptive reuse“, sprich „anpassungsfähige Modernisierung“, bezeichnen die
                   Architekten ihre Entwurfsstrategie. Mit diesem Konzept gelang es plusoffice, das
               aus den 1980er-Jahren stammende Rathaus in Kontich nicht nur räumlich-funktional
               für die Zukunft zu rüsten, sondern diesem auch einen neuen Geist zu verleihen. Fest
               stand: Das Bürgerhaus von Kontich braucht mehr Platz. plusoffice architects ergänzten
               das u-förmige, von kleinen Dreiecksgiebeln überdachte Rathaus deshalb mit passge-
               nauen Modulen zu einem kompakten, auch energetisch sinnvollem Volumen. Der einst
               außen liegende Hof verwandelte sich dadurch in einen lichtdurchfluteten, mit Glas
               überdeckten Innenhof. Dieser bildet das neue Servicezentrum des Rathauses, das den
               mehr als 21.000 Bewohnern von Kontich zahlreiche Angebote, bis hin zum Passbild-
               automaten, offeriert. Den interessanten Rohbaucharakter des Altbaus – Sichtmauer-
               werk sowie offen liegende Betonrippendecken und technische Installationen – behiel-
               ten die Brüsseler Architekten bei. Holz und Terrazzo ergänzen und kontrastieren als
               wertige Materialien die nackte Materialität des Bestands. Innen liegende Türen und
               Fensterrahmen wurden – als exquisites Zugeständnis! – in der edlen Holzsorte Afror-
               mosia ausgeführt. Die Büros in den oberen Geschossen gestalteten die Architekten in
               Form mannigfaltiger, flexibler Arbeitsplätze, die die Zusammenarbeit der Angestellten
               unterstützen sollen. Über den Innenhof hinweg ergeben sich interessante Blickbezie-
               hungen vis-à-vis und hinunter in den Servicebereich. Hingucker ist eine Streckmetall -
               fassade, die sich unartig diagonal, statt angepasst orthogonal deutlich als neues
               Element zu erkennen gibt. Über dem Altbau sitzt der auf den Gemeindeplatz auskra-
               gende Ratssaal. Aufgrund seines Volumens war dieser nirgendwo anders zu integrie-
               ren. Ein Glück!  Raumhoch verglast und analog zum Innenhof mit einer zweiten Haut
               aus weißem Streckmetall ummantelt, wirkt dieser große Saal in den Abendstunden
               wie eine Riesenlaterne über dem Gemeenteplein. Licht an oder aus? Ob und wann der
               Gemeinderat tagt, ist an der Fassade deutlich ablesbar.

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