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GESUNDHEIT UND WELLNESS • HEALTH AND SPA
ZAHNARZTPRAXIS
IN BRÜGGE
Entwurf • Design Declerck-Daels Architecten, BE-Roeselare
Im Vorgarten ihres Wohnhauses im belgischen Brügge ließ sich die
Zahnärztin Charlotte Mestdagh einen Praxis-Neubau errichten. Da für
verantwortlich war das Architekturbüro Declerck-Daels. Die Archi tek -
ten entwarfen einen holzverkleideten und teilweise zweigeschossigen
Bau, der durch große Fenster Ein- und Ausblicke ge währt. Auch innen
überzeugt die Praxis mit ihrer typisch flämischen Normcore-Ästhetik.
von • by Dr. Uwe Bresan
A ktuell ist Flandern für die Architektur das, was das Tessin in den 1980er-Jahren,
Vorarlberg in den 1990er-Jahren und die Niederlande in den 2000er-Jahren waren,
nämlich die europäische Re gion, in der der architektonische Zeitgeist gegenwärtig zu
Hause zu sein scheint. Architekten wie De Vylder Vinck Taillieu oder Kersten Geers und
David Van Seve ren haben hier in den letzten Jahren eine Architektur entwickelt, die auf
einfachsten und kostengünstigsten Materialien und Konstruktionen basiert, diese ra di kal
sicht bar belässt und damit letztlich ästhetisiert. Beschrieben wird diese architektonische
Stra tegie gern als Normcore, ein Begriff, der der Mode der Hipster-Generation entlehnt ist
und den Trend zu bewusst unauffälliger Klei dung, zu Blue jeans und T-Shirt, meint. Auch
die jüngsten Arbei ten von Declerck-Daels Architecten aus Roeselare – wie die hier vorge-
stellte Zahn arzt praxis in Brügge – lassen sich im bes ten Sinne als Normcore-Architektur
be zeich nen. Gele gen ist die neue Praxis in einem Wohngebiet am westlichen Stadtrand,
wo die Bauherrin, Char lot te Mestdagh, auch zu Hause ist. Über viele Jahre hinweg war
ihre Praxis in der um gebauten Gara ge neben dem Wohnhaus der Familie untergebracht,
bis sie nun die Archi tek ten Bernard Dec lerck und Griet Daels mit einem Neubau beauf-
tragte. Auch der steht in direkter baulicher Beziehung zum Wohnhaus – jetzt allerdings
im Vorgarten und im An schluss an die vorhandene Nachbarbebauung. Im Erdgeschoss
des knapp 100 Quad ratmeter großen und teilweise zweigeschossigen Neubaus sind zwei
Be handlungsräume, die Praxisverwaltung, ein kleiner Wartebereich sowie WC- und
Nebenräu me untergebracht. Im Obergeschoss wiederum fand ein großer Sozial raum für
die Ärztin und ihre Mit arbeiter Platz. Große Oberlichter und noch größere vertikale
Fensterflächen sorgen in allen Bereichen für viel Tageslicht sowie Ein- und Aus blicke.
Entsprechend der Normcore-Philosophie sind alle verwendeten Bauma teria lien unver-
kleidet belassen und ihr konstruktiver Einsatz offen nachvollziehbar – vom Estrich-Boden
über die aus Kalk sandsteinziegel gemauerten Wände und die Betonunterzüge bis hin zu
den hölzernen Decken balken und den Einbau möbeln aus Sperrholzplatten.
094 • AIT 11.2018