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VERKAUF UND PRÄSENTATION  •  RETAIL AND PRESENTATION

































            BÄCKEREI ÖFFERL

            IN WIEN



            Entwurf • Design Studio Riebenbauer, AT-Wien


            Man kann die fortschreitende und konsumgetriebene Durch ins ze -
            nierung unserer Lebenswelt und die damit einhergehende Über -
            ästhetisierung auch noch des letzten Alltagsprodukts natürlich
              kritisch sehen. Grundnahrungsmittel müssen vielleicht keine Live -
            style produkte sein? Dann steht man allerdings in Georg Öfferls
            Wiener „Brottempel“, gestaltet von Studio Riebenbauer, und freut
            sich doch über die schiere Inszenierungslust, mit der die Gestalter
            hier die Geschichte hinter den Brotlaiben in der Auslage erzählen.

            One can of course be critical about the progressive and consump-
            tion-driven staging of our environment and the accompanying
            over-aesthetisation of even the smallest everyday product. Maybe
            basic foodstuffs do not need to be lifestyle products. However,
            when you find yourself in Georg Öfferl's Bread Temple in Vienna,
            conceived by the designers from Studio Riebenbauer, you are no-
            netheless pleased with the sheer delight in staging with which the
            creative team tells the story behind the bread loaves on display.



            von • by Dr. Uwe Bresan
            G   eorg Öfferl ist der Shooting-Star der österreichischen Bäcker-Szene! In nur wenigen
                Jahren hat der heute Dreißigjährige aus der darbenden Familienbäckerei seines
            Großvaters und seiner Mutter in der niederösterreichischen Provinz den angesagtesten
            Brotladen von Wien gemacht – mit Eigenkreationen wie Madame Crousto, Rainer Roggen
            und Rot raud von Oberkulm. Ursprünglich wollte Öfferl nach seinem Wirtschaftsstudium
            in die Autoindustrie. In der Backstube in Gaubitsch half er nur gelegentlich aus, um beim
            Teigkneten die „Arme zu trainieren“, wie er sagt. Dann kam das Wirtschaftsstudium zum
            Tragen: Öfferl erkannte, dass die Gewinne im Bä ckerhandwerk zunehmend von den gro-
            ßen Backmittelherstellern abgeschöpft werden, die ihre fertigen Backmischungen zu
            hohen Preisen an die Bäckereien vertreiben. Die kaufen die Produkte, weil sie eine
            leichte Handhabung und gleichbleibende Qualität versprechen. Das hilft zwar dem ein-
            zelnen Bäcker – allerdings nur so lange, wie der Nachbar nicht das gleiche Brot verkauft.
            Um sich zu unterscheiden, das merkte Öfferl schnell, musste der Betrieb umgestellt wer-
            den. Unter den zunächst noch kritischen Augen der Familie machte der Junior eine Aus-
            bildung zum Bäckermeister, suchte neue Lieferanten und begann zu experimentieren.  s

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