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Sophia Kaufhold
2014 Abitur Geschwister-Scholl-Gymnasium, Winterberg 2014–2018
Bachelorstudium Architektur, Hochschule Ostwestfalen Lippe, Detmold
2018–2021 Masterstudium Architektur, Universität Kassel
geordnet. Diese sind für die Nutzergruppe „Kinder aus dem Haus“ barrierefrei gestaltet
und sollen ein langes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen; bei Bedarf mit der
Unterstützung durch einen mobilen Pflegedienst. Dieser Bewohnergruppe kommt es auch
zugute, dass sich die Gemeinschaftsnutzungen in diesem Gebäudeteil befinden. In zwei
Gästezimmern können Freunde, Verwandte und Gäste der Bewohner übernachten. Eine
Vermietung an Pendler und Kurzzeit-Gäste ist ebenso denkbar. Das Erdgeschoss des vier-
geschossigen Gebäudeteils bildet den Haupttreffpunkt aller Quartiersbewohner und er-
weitert die privaten, eher kleinen Wohnungen durch ein zusätzliches Platz- und Funkti-
onsangebot. Hier befindet sich eine große Gemeinschaftsküche mit angrenzendem
Lounge-Bereich. Der Lounge-Bereich lädt zum Zusammensitzen ein und bietet zudem Ar-
beitsplätze. Außerdem gibt es hier Waschraum, Werkstatt- und Abstellraum für Gartenge-
räte sowie einen Behandlungsraum für Untersuchungen und Behandlungen durch Ärzte
und Physiotherapeuten. Im 4. Obergeschoss befinden sich ein Wellness- und Spa-Bereich
sowie ein Fitnessraum, die zusammen mit den Umkleideräumen ebenfalls von externen
Besuchern genutzt werden können. Der zweite Gebäudeteil stellt Kindern und Jugendli-
chen einen großen Raum zum Spielen und Toben sowie einen ruhigeren Bereich zum Ler-
nen und Entspannen zur Verfügung. Das dritte Gebäude, das in Verlängerung zu dem En-
semble der Gemeinschaftsgebäude steht, komplettiert das Angebot der gemeinschaftlich
nutzbaren Funktionen: Im Erdgeschoss eine Küche mit viel Platz, um mit Freunden ge-
meinsam zu kochen, daneben eine kleine Bar, die für Feiern genutzt werden kann, und
im Obergeschoss ein kleines Kino und ein Raum zum Billard- und Tischkickerspielen. Da
das Gebäude losgelöst von dem L-förmigen Gemeinschaftsensemble steht, eignet es sich
gut für Vermietungen und Feiern. Neben dem Ensemble der drei Gebäude mit Gemein-
schaftsnutzungen gibt es zwei weitere L-förmig zueinander stehende Gebäude im Süden
des Grundstücks. Durch ihre Anordnung bilden diese Wohngebäude einen Platz zur Quar-
tiersmitte hin aus, der als Gartenbereich für die Bewohner definiert ist.
Neu gedacht: verschiedene, individuelle Nutzerbedürfnisse vereint
Derzeit fehlen in Medebach Wohnungen, insbesondere Sozialwohnungen und Wohnun-
gen für Geflüchtete. Das Konzept des Wohnquartiers „Gemeinsam“ spricht beide Nutzer-
gruppen an und bietet eine gute Möglichkeit, diese zu integrieren. So finden in den insge- Grundriss Erdgeschoss • Ground floor plan
samt elf Wohnungen Einzelpersonen, Paare, Wohngemeinschaften bis hin zu Familien mit
bis zu vier Kindern ein Zuhause. Die Wohnungen sind platzsparend organisiert, wobei das Die Lounge fördert soziale Interaktion von Jung und Alt. • The lounge promotes social interaction.
Raum- und Funktionsangebot um die Gemeinschaftsfunktionen ergänzt und somit auch
die Gemeinschaftsbildung gefördert wird. Die funktionell ausgestatteten Bäder aller Woh-
nungen werden durch Whirlpools und Saunabereich im 3. Obergeschoss des Gemein-
schaftsgebäudes erweitert. Den Wohnungen an den Giebelseiten der Gebäudeteile ist ein
privater Balkon oder eine private Terrasse zugeordnet. Einige erstrecken sich als Maiso-
nette-Wohnungen über zwei Geschosse und bilden zu den Giebelseiten einen großzügigen
Luftraum mit Blick von der oberen Ebene auf den darunter liegenden Wohnraum. Mede-
bach befindet sich im Sauerland, einer Region, die baulich stark durch Fachwerkgebäude
und die Verwendung der charakteristischen Schieferplatte als Dachdeckung oder Giebel-
verkleidung geprägt ist. Die Konstruktion der Wohngebäude ist aus der Bautradition mit
seinen typischen, regionalen Materialien abgeleitet. Sie werden in einer strohgedämmten
Holzständerbauweise ausgeführt, die Innenwände und Decken mit Lehm verputzt. Die
Fassaden sowie das Dach des jeweils höheren Gebäudes der Wohnensembles erhalten
eine Holzverkleidung, während die niedrigeren Gebäude mit Schiefer gedeckt werden.
Die Hölzer der Wohngebäude werden beflammt, sodass eine chemische Behandlung der
Hölzer nicht nötig ist. Die Gebäude werden auf ihre Ur-Form reduziert, die Dachüber-
stände entfallen, durch die gleiche Verkleidung der Dach- und Fassadenflächen entsteht
eine kubische Klarheit. Während sich die Ausführung der Wohngebäude aus der Bautra-
dition ableitet, setzt sich das Gemeinschaftsensemble durch Holzmassivbauweise von
den anderen Gebäuden ab. Diese Entwurfsentscheidungen werden als zeitgemäße Wei-
terentwicklung der Bautradition aufgefasst und stärken das Konzept des Wohngebietes.
AIT 7/8.2021 • 039