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Entwurf • Design Šépka architekti (2007–16) mit HŠH architekti (2007–09)
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                                                                              Standort • Location Jiráskova 93, CZ-Litomyšl
                                                                                                      2
                                                                              Nutzfläche • Floor space Kutscher haus 260 m , Reitschule 1.022 m 2
                                                                              Fotos • Photos Tomáš Malý, CZ-Prag
                                                                              Mehr Infos auf Seite • More infos on page 154






























                Bestückt mit mobilen Wänden wird der Raum zur Galerie. • With mobile walls, the space becomes a gallery.  Der zweiteilige Kubus wird bei Bedarf auseinandergefahren. • The two-part cube slides apart if required.

                von • by Christine Schröder
                S  chloss Litomyšl (deutsch: Leitomischl) im Zentrum der gleichnamigen Stadt in der  Raum-im-Raum-Lösungen aus bernsteinfarben schimmerndem, transluzentem Laminat
                   ost böhmischen Region Pardubicel zählt zu den bedeutendsten Renaissance-Denk -
                                                                              entwickelt, das fugenlos auf eine Stahlkonstruktion aufgebracht ist. In der Reithalle hebt
                mälern Tschechiens. Der kunstaffine Oberstkanzler von Böhmen, Vratislav von Pern stein,  sich das Konstrukt klar vom Bestand ab und mindert trotz seiner massiven Er scheinung
                ließ das Bauwerk  zwischen 1568 und 1581 durch die  Tessiner Baumeister Giovanni  in keinster  Weise den großzügigen Raumeindruck. Schienengebunden lässt sich die
                Battista Aostalli und Ulrico Aostalli errichten. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte der  Bühne im Raum hin und her bewegen. Ganz nach Bedarf wird der Abstand und somit
                Komplex seine adligen Besitzer mehrfach, bevor er mit dem Ende des  Zweiten  der Raum zum fest stehenden Versorgungskörper definiert, der Funktionen wie Garde -
                Weltkrieges schließlich verstaatlicht wurde. Neben Ausstellungen und Ver an staltungen  roben für die Darsteller, Technik und WC-Anlagen aufnimmt. Der mit Laminat platten aus-
                findet seit 1949 jedes Jahr im Sommer zu Ehren des berühmtesten Stadt sohnes, des  gelegte Boden lässt sich individuell anheben, als Tribüne abschrägen oder für Aus stel -
                Moldau-Komponisten Bedrich Smetana, das Opernfestival Smetanová Litomyšl statt.  lungen mit mobilen Wänden bestücken. Im Erdgeschoss des ehemaligen Kutscherhauses
                Zum nationalen Kulturdenkmal wurde das Renaissance-Schloss im Jahr 1962 ernannt,  ist ein Café eingezogen. Auch dieses Gebäude wurde innen wie außen von nachträgli-
                1999 erfolgte die Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. 2007 begann der  chen An- und Einbauten befreit und mit dem edel wirkenden Kalkanstrich überzogen.
                Architekt Jan Šépka aus Prag sich mit dem historischen Ensemble zu beschäftigen. Bis
                2009 wurde er dabei durch Petr Hájek und Tomáš Hradecný vom Büro HŠH architekti
                unterstützt. Dabei wurden im Wesentlichen die östlich des Schlosses gelegenen Neben -
                ge bäude samt vorgelagertem Außenbereich und dem Park im Norden in den Fokus
                genommen. 2011 startete die behutsame Sanierung. In diesem Zuge erhielten unter ande-
                rem die vormalige Reitschule und das ehemalige Kutscherhaus ein neues Innenleben.
                Allen Maß nahmen gemein ist eine möglichst detailgetreue  Wiederherstellung des
                Original zu standes, in dem neu eingebrachte Elemente klar und deutlich ablesbar sind.

                Behutsame Sanierung mit neuen Elementen

                Während das Schloss im Zuge der notwendigen Sanierung als historische Sehens würdig -
                keit mit Führungen für Touristen erhalten blieb, sind die Eingriffe in den Nebengebäuden  Reitschule – Grundriss • Riding School – Floor plan
                im positiven Sinne deutlich spürbar. Die Mitte des 17. Jahrhunderts errichtete, ehemalige
                Reitschule wurde in den 1970er-Jahren umfassend saniert. Diese Spuren hat Jan Šépka
                innen wie außen entfernt, um so viel vom historischen Bestand an die Oberfläche zu
                holen wie möglich. Die Fassade wurde von nachträglichen Eingriffen wie einer farbigen
                Fenstereinfassung befreit, das Eingangsportal rekonstruiert und der ge samte Bau mit
                einem Kalkanstrich in einem eleganten Beigeton überzogen. Um das notwendige Archiv
                im Dach stuhl zu erhalten, erfuhr die Decke eine statische Ertüchtigung. In der nach wie
                vor hohen Halle im Erdgeschoss ist ein multifunktionaler Raum entstanden, in dem Aus -
                stellungen unterschiedlicher Größe ebenso stattfinden können wie intime Kam mer kon -
                zerte, Filmvorführungen, Moden schauen, Vorträge und Konferenzen. Um den Bestand
                generell möglichst wenig zu be rühren, hat Šépka für sämtliche Interventionen mobile  Reitschule – Schnitt • Riding School – Section


                                                                                                                              AIT 5.2018 •  143
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